Wilde Jungs Comeback ! Tyson im Interview dazu

Nach Jahren der Stille, Gerüchten und hitzigen Diskussionen meldet sich Tyson, Stimme und Frontmann der Wilden Jungs, zurück. Zwischen Comeback-Plänen, klaren Worten und einer ungeschönten Sicht auf Vergangenheit und Gegenwart spricht er über Aufbruch, Irrwege und das, was von der Band und ihrer Haltung geblieben ist. Ein Gespräch über Musik, Freiheit und den Mut, sich treu zu bleiben – auch, wenn es unbequem wird.

Das Ende einer Ära

VRR: Tyson, Wilde Jungs waren für viele mehr als nur eine Band – sie standen für Haltung, Energie und Zusammenhalt. Wann hast du persönlich gemerkt, dass diese Ära zu Ende ging?

Tyson: Genau kann ich das gar nicht sagen. Es ist nun einmal so, dass jeder Mensch irgendwelche unerfüllten Wünsche an das Leben hat, die man sich selbst erfüllen muss. Eigentlich eine typische Wilde Jungs Attitüde – aber solche Gedanken müssen wachsen und reifen, bevor du sie zur Welt bringst. 2018 war dann der Punkt erreicht, an dem es für mich keinen Weg zurück mehr gab, und das Thema Abschiedstour wurde zur Realität. Eine Realität, die – Gott weiß – nicht jedem schmeckte. Aber es wird nun mal gegessen, was auf den Tisch kommt.

VRR: Viele Fans sagen, der Bruch kam plötzlich. Wie ehrlich war die Band damals eigentlich zueinander?

Tyson: Für die Fans kommt so eine Nachricht über die Auflösung ihrer Lieblingsband in den meisten Fällen plötzlich – das ist nichts Besonderes. Heute bin ich verdammt froh und dankbar, dass wir im Laufe der Abschiedstour es nicht mit der Ehrlichkeit übertrieben und das Ding souverän zu Ende gebracht haben.

VRR: Ihr habt mehrfach ein Comeback angekündigt – das aber nie kam. War das Wunschdenken, PR oder Selbsttäuschung?

Tyson: Im Falle von Wilde Jungs stand das Comeback-Vorhaben anfangs auf sehr wackligen Füßen. Ich muss zugeben, dass ich die Sache auch etwas halbherzig angegangen bin, da ich zu jener Zeit noch in anderen Musikprojekten steckte. Letztendlich brachte dann aber ein nicht eingeplanter Gefängnisaufenthalt meinerseits das ganze Vorhaben komplett zum Erliegen. Nach meiner Entlassung aus der JVA Leipzig waren erst einmal andere Dinge viel wichtiger, sodass sich das Thema Wilde Jungs ganz weit hinten anstellen musste.

Kommt jetzt das ersehnte Comeback

VRR: Jetzt kursieren wieder Gerüchte über eine Rückkehr. Wie ernst ist das diesmal wirklich?

Tyson: Sehr ernst! Die Basis ist stabil, das Bandgefüge stimmt, und die Proben laufen ebenfalls stabil. Es ist sogar für dieses Jahr eine Comeback-Show auf einem großen Indoor-Festival geplant. Eigentlich etwas verfrüht und kurzfristig dafür, dass wir erst seit einem halben Jahr in dieser Konstellation miteinander proben – aber es reizt nun einmal, wieder dort zu starten, wo es zu Ende ging. Es juckt eben in den Fingern, und dieser „Ernst“, von dem du sprichst, wird wohl sehr bald das Licht der Bühne erblicken.

VRR: Was hat sich seit der letzten Ankündigung geändert – außer deinem Umfeld?

Tyson: Schlussendlich hat erst die Rückkehr in die alte Fuldaer Heimat dazu geführt, dass sich die Band wiedergefunden hat. Es sind alles Fuldaer Jungs, und uns trennen nicht mehr hunderte Kilometer – das stärkt die Proben und das Gemeinschaftsgefühl enorm.

VRR: Wenn es wirklich ein Comeback gäbe – wäre das noch die gleiche Band oder eher ein neues Projekt mit altem Namen?

Tyson: Gegenfrage: Wie kann etwas zu einem neuen Projekt mit altem Namen werden, wenn es doch um dieselben Lieder geht, der Texter, Komponist und Sänger derselbe ist? Wenn man sich die Geschichte von Wilde Jungs mal ansieht, wird einem auffallen, dass personelle Wechsel keine Seltenheit waren und immer dazugehört haben. Die Scheiße bleibt die gleiche, nur die Fliegen ändern sich.

Neue oder Alte Besetzung

VRR: Wer wären die Musiker an deiner Seite – alte Weggefährten oder völlig neue Leute?

Tyson: Kurz und knapp und ohne zu viel zu verraten: Sowohl als auch.

VRR: In den letzten Jahren hat man dich weniger durch Musik, dafür mehr durch kontroverse Posts, verschwörungsideologische Aussagen und hitzige Online-Diskussionen wahrgenommen. Was ist da passiert?

Tyson: Nach dem Ende 2020 habe ich mich einzig auf mein Leben als Straßenmusiker konzentriert. Eines der Dinge, die ich schon immer mal tun wollte. Ich zog mit meinem Motorrad von Stadt zu Stadt und lebte wie der letzte Cowboy. Trat auf Mittelalter und Nostalgie Märkten auf, wo durch ich wieder zu Buchungen auf privaten Festen und Beerdigungen kam.

In der Corona Zeit kamen dann auch Auftritte auf den Anti-Corona Demonstrationen dazu. Das war halt ein Absolutes Disidenten Sammelbecken aus allen zusammen gewürfelten Richtungen und da ergab es sich von ganz alleine das du auf einmal neben Leuten standest mit denen du unter normalen Umständen besser nichts zu tun haben willst.

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VRR: Wie viel davon war Provokation – und wie viel Überzeugung?

Tyson: Ich war und bin davon überzeugt, dass sich die Leute in früheren Zeiten nicht so leicht an der Nase durch die Manege haben ziehen lassen, um ihr widerwärtigstes nach außen zu stülpen – wie heute in dieser geistig sterilen Plastikwelt. Natürlich war vieles Provokation, aber wenn die Fische in Bewegung kommen sollen, musst du halt auch mal aufs Fass schlagen. Und siehe da – sie zeigen ganz unverblümt, welchen Geistes Kind sie sind.

VRR: Hast du das Gefühl, dich selbst in dieser Phase ein Stück verloren zu haben?

Tyson: Zu keinem Zeitpunkt! Wenn du mit dir allein glücklich und im Reinen bist, da, wo du stehst, dann wächst du unwiderruflich an jedem Stein, den man dir in den Weg wirft. Für Leute wie mich war es ein gefühlter Kriegszustand, in dem man komplett isoliert war – aber das Gute daran war, dass dich keiner mit seinem indoktrinierten Müll zusch***t.

VRR: Einige sagen, du seist „abgedriftet“. Würdest du das selbst so sehen – oder ist das nur ein bequemer Vorwurf von außen?

Tyson: Das stimmt auf eine gewisse Art und Weise sogar – nur, dass ich außerhalb des Kreises stehe und eine andere Lebensweise als der brave Bürger gewählt habe: minimalistisch, alternativ, aber vor allem überlebens- und widerstandsfähig.

VRR: Du hast online Menschen scharf angegriffen, die früher deine Wegbegleiter waren. Bereust du das rückblickend?

Tyson: Oh ja, ich erinnere mich – und manche habe ich sogar zu Hause besucht. Heute sehe ich das Ganze recht amüsant und entspannt. Aber ich denke, es wäre besser gewesen, diejenigen, die ich so hart angegangen bin, direkt zu besuchen und das Auge in Auge zu klären.

Ehrlich und Provokant

VRR: Fühlst du dich unfair behandelt von Medien und Szene – oder warst du selbst Teil der Eskalation?

Tyson: Es ist überhaupt nicht mein Ding, das Opfer zu spielen. Aber wer hat denn bitte die Impfunwilligen und Maßnahmenverweigerer als Nazis, Gefährder und Schwurbler aus ihrer tollen Gesellschaft ausgeschlossen? Ja klar, Demokratie ist der Wille der Mehrheit – das ist eine Massenvergewaltigung aber auch. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie Leute sich gegen ihre eigenen Familien gestellt haben, nur weil sie der Propaganda erlagen und vor Schiss nicht weiterwussten. Komischerweise sind das aber meistens diejenigen, die sich nicht vorstellen können, wie wir Deutschen zu den dunkelsten Kapiteln unserer Geschichte gekommen sind. Sieh hin und erinnere dich – genau so! Mir ist in dieser Zeit mehr als einmal an den Kopf geworfen worden, dass es besser für die Gesellschaft wäre, uns alle in einem Lager für Unwillige einzusperren. Da fragt man schon mal vorsichtig bei diesen „guten Menschen“ nach, ob das denn jetzt die Endlösung ist – oder wie sie uns dann entsorgen wollen.

VRR: Wenn du ehrlich bist: Wie viel Verantwortung trägst du für das Image, das heute mit deinem Namen verbunden ist?

Tyson: 100 %.

VRR: Früher warst du laut, unbequem, ehrlich. Gibt es diesen Tyson noch?

Tyson: Ich denke, da hat sich nicht viel geändert – außer vielleicht, dass ich heute mit vielen Sachen lockerer umgehe und nicht direkt auf Konfrontation oder in die Luft gehe. Nicht jedes Arschloch hat eine Reaktion verdient.

VRR: Was willst du den Leuten heute sagen, die dir den Rücken gekehrt haben?

Tyson: Jedem das Seine.

VRR: Glaubst du, dass du mit einem Comeback mehr beweisen willst – oder etwas wiedergutmachen?

Tyson: Nichts von alldem. Eigentlich wollen wir alle dasselbe: eine geile Zeit und wieder auf Klassenfahrt gehen.

VRR: Was bedeutet „Echtheit“ für dich heute?

Tyson: Die fängt als Allererstes bei jedem selbst an. Ich denke, es ist auch das falsche Wort – selbst der Begriff „authentisch“ würde es nicht in Echtzeit wiedergeben. Es ist, wie wenn du eine peinliche Geschichte von einem alten Bekannten hörst und sie zu Ende erzählen könntest, obwohl du nicht dabei warst – nur um im Nachhinein mit einem breiten Grinsen festzustellen: Der Mistkerl hat sich kein Stück geändert! Ich trink auf dich – und bleib, wie du bist. Wenn wir auf die Welt gekommen wären, um jedem gefallen zu müssen, dann wäre es hier ganz schön eintönig und monoton. Vielleicht werde ich in meinem nächsten Leben eine Brennnessel oder Distel – das wäre auch eine Form der ehrlichen Lebensweise.

VRR: Und zum Schluss: Wenn du morgen wieder ein Mikro in der Hand hättest – was wäre der erste Satz, den du ins Publikum schreien würdest?

Tyson: Ich bin oft genauso gespannt wie das Publikum, was ich wohl als Nächstes raushaue.

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

Marco_Geieler-Typ_2-150x150 Wilde Jungs Comeback ! Tyson im Interview dazu

Fotograf | Redaktion | Administration | Inhaber
Mitglied im Bundesverband deutscher Pressefotografen (bdp)

Gründete 2017 das Magazin und begann eine ganz neue, "musikalische" Reise durch die rauen Landschaften von Musik, Veranstaltungen und Print- und Online-Medien.