THE WALTONS – vergessen und verstaubt – nicht mit uns!
Wie nennt man die Steigerung von Social Distortion? Ja genau! THE WALTONS. Seit 1983 sind die Berliner unterwegs, haben zehn Alben veröffentlicht, tourten fleißig, gehörten zu den ersten Bands auf Wacken und gaben als Westberliner geheime, nur durch Mundpropaganda angekündigte Konzerte im Osten der Stadt. Nach 1996 wurde es um das Trio ruhiger. 2004 wurden die Pferde wieder gesattelt. THE WALTONS feierten ein sensationelles Comeback mit dem Album THE SPIRIT OF COWPUNK. Wir feiern es nach über 20 Jahren immer noch.
Nackenklatscher

Dass sich die Band lumpen lässt, kann bei 15 Tracks plus einem Intro nicht behauptet werden. Das „Introducting“ startet verwirrend, wenn man von der Vorstellung ausgeht, es handele sich um Punk. Eher wird Lagerfeuerkultur gelebt. Mit „Lost, Found and Prisenbound“ wird Whisky in die Intro-Flamme geschüttet und ab geht der Peter. Ihre Spuren hinterlässt die Band mit „The Waltons was here“ und gibt mit dem dritten Track dem Albumtitel volle Unterstützung. Frischer hat bis dato und bis heute kein Punk für uns geklungen. Nicht nur, wie angepriesen, wird Cowboy-Punk serviert. Musikalische Nackenklatscher gibt es mit Überschneidungen, die zwischen Pennywise und Millencolin einen gemeinsamen Nenner finden.
Ständig volle Kraft voraus

Dass sich ihr Stil fabelhaft eignet, Songs anderer Künstler mit ähnlich gestrickten Genres zu covern oder neu zu interpretieren, wird mit „My Honey“ von den Rockabilly-Brüdern Johnny und Dorsey Burnette bewiesen. Überdies reiht sich dieses Cover ganz geschickt und fast unerkennbar in die Playlist ein. Bisher haben wir über die Hälfte der Platte durch und einiges hinter uns. Bei locker luftig dahingerotztem Punk mit ordentlich Sporen, Präriedreck und abgenommenen Scheuklappen erkennen wir ein grandioses Bassspiel, von dem so einige Musiker etwas lernen könnten. Kein dahingeklimpertes Gezupfe der Saiten mit diesem nervigen Geklacker à la Iron Maiden. Ordentlich gibt hier der Bassist dem Schlagzeuger Feuer unterm Hintern und der Gitarrist lacht sich eins. Oberdrein macht der etwas hochgestimmte Gesang mächtig Bock. Gerne hätten wir zur damaligen Zeit THE WALTONS live erlebt. Wenn es auf deren Konzerten genauso wenige ruhige Momente gibt wie hier auf gepresster Rille, na dann gute Nacht. Seit Track Zwei gab es keine Verschnaufpause. „Frontier Pharmacist“ tut dies für knappe zwei Minuten. Ist jetzt jedoch eher etwas für einen schnellen halben Liter an der Theke als für ein ausgiebiges Partnergespräch.
Iron Maiden

Wo wir schon bei Iron Maiden sind: „Disbelieve in Me“ würde diesen Herren auch gut stehen. Das Trio schafft es, wie auch bei vielen anderen Songs, eine Brücke zum Heavy Metal zu schlagen. Das beweisen die Gitarrenstrecken und Soli. Sie schrecken keineswegs vor genreübergreifenden Passagen zurück und gestalten so das Album abwechslungsreich und halten die Spannung. Den Beweis liefert ebenfalls „Here the Waltons Call“. Ein fantastisch hymnischer Song, der einfach nur Mut machen soll und dennoch in seinem Auftreten emotional agiert. Sind wir froh, dass auch die Cowboy-Punks genug von Melancholie haben und mit „It´s not the Fish, Baby“ eine Oldschool-Punk-Bombe platzen lassen. Fast könnte man hier von Hardcore-Punk sprechen, wären die Tempi doch nur um ein Mu schneller. Mit ein wenig Sarkasmus, viel Euphorie und lustigem Geplänkel über das Leben und sein Ende entlässt uns die Cowpunk-Combo mit „Where are we now?“
Fazit
THE SPIRIT OF COWPUNK der THE WALTONS macht nach über 20 Jahren immer noch mehr Spaß als so manche kommerziell erfolgreiche Combo aus demselben Genre. Das Album versetzt uns in nostalgische Momente unserer Punks not Dead Dekade. Es ist, als wäre die Zeit stehen geblieben. Das hier ist wahre deutsche Punkgeschichte. Die Mischung aus Punk, Country und Metal trifft dort hin, wo es gleichzeitig schmerzt und befriedigt. Laut, ehrlich, mit Songs, die schrammen, amüsieren und beißen.
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Mit Baujahr 1976 nicht mehr so ganz jung, bin ich im Herzen der Republik, in Anhalt aufgewachsen.
Mit 19 Jahren zog es mich nach Baden-Württemberg. Aufgewachsen mit Heavy Metal à la Metallica, Slayer und Kreator etc., pubertierte ich mit dem Punk, bis ich dann mit dem New York Hardcore erwachsen wurde. Es gilt: Ob Metal oder Punk, in deutsch oder englisch, Hauptsache mir gefällt´s.






