Geschichten aus dem Leben eines Rebel Tell/Neurotox/Ochmoneks Tontechnikers
Wolfgang von Kärbholz, Mario von JEANLUC, Kurt von Unantastbar, Maxi von WILLKUER und Basti von Eizbrand haben uns bereits reichlich Informationen gegeben und uns an ihrem Leben als Tontec teilhaben lassen. Wir haben noch nicht genug gelesen, daher hat sich Jan Zeit für unsere Fragen genommen. Die Bands sind wie eine kleine Familie – ist das wirklich so?
VRR: Erzähl uns bitte, wie du heißt, woher du kommst, wie alt du bist, wie lange du bereits als Tontec arbeitest und mit welcher Band du unterwegs bist.
Jan: Mein Name ist Jan Elsinghorst, ich bin 28 Jahre alt und komme aus dem Münsterland. Als Tontechniker bin ich bereits seit 2013 unterwegs. Aktuell begleite ich die Bands Rebel Tell, Ochmoneks, Neurotox und als Zweitbesetzung den Künstler EES mit der YES YA Band.
VRR: Wie bist du Tontechniker für diese Bands geworden? Gab es ein Schlüsselerlebnis?
Jan: Im Jahr 2013 habe ich meine Firma SKENIA gegründet. Mit dieser habe ich das Ziel, besonders auch kleinen und aufstrebenden Bands einen vollumfänglichen Service vom Tour-Bus bis hin zur entsprechenden Technik, sowie passendes Personal zu bieten. Am Anfang habe ich in kleinen Kneipen angefangen, Bands zu mischen und so nach und nach immer mehr Kontakte bekommen. An die Bands, die ich heute fest begleite, bin ich eher durch Zufall geraten und teils sind wir auf Konzerten aufeinandergestoßen, wo ich mit einer der Bands unterwegs war.
VRR: Wie bereitest du dich auf einen Einsatz mit der Band vor? Probt ihr vorab zusammen?
Jan: Alle Bands, die ich begleite, sind für mich wie eine kleine Familie. Wir treffen uns meistens auch privat zwischendurch, wenn wir uns nicht sowieso mehrmals im Monat sehen. Regelmäßige Proben, unter anderem mit der Technik oder gemeinsames Arbeiten an der Performance, sind für mich selbstverständlich. So können wir gemeinsam das Beste auf dem Konzert herausholen. Bevor es aufs Konzert oder eine Tournee geht, teste ich die gesamte Technik erst allein, erstelle neue Verkabelungssysteme und fahre anschließend zur Band in den Probenraum oder in meine Probenhalle, in der wir alles testen. Danach geht’s dann auf Tour.
VRR: Wie sieht dein Tag aus, für welchen dich die Band engagiert hat?
Jan: In der Regel treffen wir uns frühmorgens oder einen Abend vorher für die Abfahrt, das ist bei jeder Band etwas unterschiedlich. Bei manchen Bands wird der erste Tag vor der Tournee gern für eine ausgiebige Party im Tour-Bus genutzt, bei anderen geht es erst morgens los. Vor der Abfahrt lade ich das Equipment in eins meiner Fahrzeuge und fahre zum Treffpunkt. Darauf freue ich mich tatsächlich jedes Mal, als würde ich Leute treffen, die ich lange nicht gesehen habe. Anschließend laden wir das Equipment gemeinsam ein, wenn es nicht schon in einem meiner Tour Fahrzeuge ist, mit dem ich zur Band fahre. Wenn wir bei der Konzert Location angekommen sind, gehe ich mit dem Management oder allein in die Halle bzw. zu den örtlichen Technikern und schaue, ob alles so weit passt. Dabei trifft man in der Regel auf alte Bekannte.
Nachdem die Band den Backstage bezogen hat, das Equipment auf der Bühne steht und ich alles vorbereitet habe, beginnen wir meist mit einem Soundcheck, den ich gern so kurz wie möglich halte. Anschließend erkunden wir meistens die Stadt oder gehen gemeinsam etwas Essen. Kurz vor dem Auftritt sind wir im Backstage, meistens gehe ich 15 Minuten vor dem Konzertbeginn an meinen Platz. Oft wird mir das dann auch zu unruhig zwischen den Musikern, wenn die Nervosität steigt. Tatsächlich bin ich auch zu Beginn der Konzerte etwas angespannt, was sich meist nach dem ersten Lied legt. Denn oft ändert sich der Sound extrem zu dem, was man vorher in der leeren Location eingestellt hat. Nach dem Konzert freue ich mich immer auf die Zeit mit der Band und einem kühlen Getränk abseits des Trubels.
VRR: Welche Schwierigkeiten begegnen dir bei einem Event mit der Band?
Jan: Je nachdem ob es ein Open Air oder in einer Konzerthalle ist, begegnet man unglaublich vielen Herausforderungen, die man gar nicht alle aufzählen kann. Bei Open Air Events kann man immer glücklich sein, wenn man an heißen Tagen eine vernünftige Überdachung hat, sodass das Mischpult nicht zu heiß wird. Bei vielen Konzerten, gerade mit Opener Acts, musste ich in der prallen Sonne stehen, das ist echt nicht schön. In Konzerthallen kann es häufig zu soundtechnischen Problemen kommen. Gerade bei kleineren Locations ist es oft echt spannend, bis man zufrieden ist mit dem, was man da so zurecht mischt. Grundsätzlich lässt sich aber immer alles lösen, vor allem, weil die Musiker, mit denen ich unterwegs bin und auch meine Techniker, die ich teils zusätzlich mitbringe, alle sehr entspannt sind.
VRR: Wo liegen die größeren Herausforderungen: in einer Location bis 250 Personen, in einer Halle bis 1.000 Personen oder bei einem Festival und warum?
Jan: Ich finde, in kleinen Locations kann man zeigen, was man kann. Dort passen oft viele Dinge nicht zueinander und man muss tatsächlich etwas zaubern, bis alles so wird, dass die Gäste ein gutes Konzerterlebnis haben. Angefangen von zu kleinen Beschallungssystemen bis hin zu laut aufgedrehten Gitarren-Amps, bei denen die Anlage für die Zuschauer nicht mehr durchkommt. Hallen mit 1.000 oder mehr Besucherplätzen sind meistens sehr entspannt. Die Bühne ist groß genug, um auch laute Gitarren-Amps zu vertragen und die Beschallungssysteme sind – ich sage mal – ausgewachsen.
Open-Air-Konzerte mache ich tatsächlich am liebsten. Irgendwie gefallen mir die Atmosphäre, der Staub, der Regen und die großen Flächen, auf denen die Besucher sich zusammenfinden. Meistens spielt man dann auf großen Bühnen mit riesigen Beschallungssystemen, auf denen man so richtig spürt, was man am Mischpult macht. Aber auch hier gibt es schwierige Situationen. Da erinnere ich mich an mein erstes Festival mit 30.000 Zuschauern, bei dem der Wind so stark war, dass ich den Gesang und die Gitarren teils nicht hören konnte und ich dachte, ich hätte sie viel zu leise, dabei war es einfach der Wind, der den Sound wortwörtlich weggeweht hat. Das war schon ein Erlebnis fürs erste Mal.
VRR: Line-Check: ist das Segen oder Fluch und warum?
Jan: Da wir unsere Bandtechnik immer gut abgestimmt haben, gab es bisher zum Glück noch nie Ausfälle. Zudem spielen alle Bands, die ich aktuell fest begleite, zu 100% live. Wir haben keine Systeme im Einsatz, die großartig Probleme verursachen können und durch unsere extra angefertigten Kabelsysteme sind wir im fehlerfreien Aufbau sehr schnell.
VRR: Was geht erfahrungsgemäß am häufigsten kaputt und wie gehst du damit um?
Jan: Gitarrensaiten! Aber damit habe ich zum Glück nicht viel zu tun. Sonst mal hier und da eine Steckverbindung, da ich aber leidenschaftlich gern Kabel löte, freue ich mich sogar manchmal.
VRR: Beruf oder Berufung? Hast du dir das notwendige Wissen selbst angeeignet oder hast du eine professionelle Ausbildung im Bereich der Tontechnik?
Jan: Definitiv Berufung! Ich habe bereits mit 11 Jahren als Schlagzeuger in einer Band für die Technik gesorgt. Damals hat mein Bruder noch in einem DJ-Team als Lichttechniker gearbeitet und ich konnte früh mit der Technik in Berührung kommen und für meine Band immer mal etwas mitnehmen. Dadurch hat sich das irgendwie entwickelt. Bereits mit 16 habe ich über Umwege mein Gewerbe angemeldet und mit 18 direkt die Ausbildung als Fachkraft für Veranstaltungstechnik absolviert. Im direkten Anschluss habe ich mich hauptberuflich selbständig gemacht und den Meister für Veranstaltungstechnik hinterher gelegt. Aktuell bin ich noch dabei die Weiterbildung zur Fachkraft für Arbeitssicherheit zu absolvieren. Ich habe richtig Lust, etwas in meinem Beruf zu bewegen und vor allem neu zu lernen. Deshalb werde ich auch nicht aufhören diverse Kurse, Weiterbildungen und Prüfungen zu machen.
VRR: Was war dein bisher schlimmstes Ereignis, dein größter Fauxpas, dein peinlichster Moment als Tontec?
Jan: Als ich direkt nach dem Intro vergessen habe, den Frontsänger freizuschalten. Das war mein wirklich peinlichster Moment, den ich selbst verursacht habe.
VRR: Vielen Dank Jan, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.
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