Weber & Knechte sprechen in einem Song eine oftmals totgeschwiegene Thematik an
ACHTUNG: Dieser Bericht behandelt ein sensibles Thema. Falls du Opfer jeglicher Gewalt warst oder bist, könnte dieser Bericht starke Emotionen in dir hervorrufen wie z. B. Ohnmachtsgefühle, Traurigkeit, Schwindel, oder dass dir schwarz vor Augen wird.
Wir alle hören gerne Musik und achten meist auch auf die Texte der einzelnen Songs, aber achten wir auch wirklich auf die Thematiken, die uns in den Liedern vermittelt werden sollen? Oftmals hören wir hin, ohne wirklich hin zu hören oder ohne weiter darüber nachzudenken. Manch einem reicht die erzeugte Stimmung eines Songs vollkommen aus, um diesen anzunehmen. Oftmals steckt aber eine wahre Geschichte hinter einem Song, der in die Welt entlassen wird.
Im September letzten Jahres erschien das aktuelle Album WILLKOMMEN ZUM UNTERGANG von Weber & Knechte (Review: https://vollgas-richtung-rock.de/reviews/tontraeger/weber-knechte-willkommen-zum-untergang-voe-11-09-2023/). Im Vorfeld wurde den Fans die Möglichkeit gegeben, Themenvorschläge mit der Band zu teilen, sozusagen als Inspiration für die neuen Lieder. Viele Fans folgten diesem Ruf und manche erzählten sogar ihre eigene Geschichte.
Eine Geschichte hat die Jungs von Weber & Knechte allerdings sehr betroffen gemacht. Aber das Thema erschien ihnen sehr wichtig, daher stand schnell fest, dass diese Geschichte in einem Lied festgehalten werden soll. Auch weil sie wussten, dass die Frau dieses Lied dringend braucht. Die Band erhielt die Erfahrungen der Komplizin per Word-Datei und damit konnte die Band dann arbeiten. Natürlich wurden auch oft noch Dinge im gemeinsamen Gespräch verfeinert. So entstand der Song „Schatten der Vergangenheit“, der authentischer nicht sein könnte.
Schatten der Vergangenheit
Der Titel selber lässt schon erahnen, dass das Lied keine fröhliche Thematik innehat, sondern eher das Gegenteil. Der Gesang beginnt direkt mit den Instrumenten, ohne ein Intro. Die Stimmung ist so dunkel und gedrückt wie der Gesang, die Melodie sanft, bis beim Refrain das instrumentale Gewitter über einem zusammenbricht. Achtet man dann auf den Text, bekommt man Gewissheit, dass die Geschichte hinter diesem Lied sehr schlimm ist. „… als Kind hast du noch nicht verstanden, was mit dir geschah, die Flashbacks kamen Jahre später, sind noch heute da, dein Bruder hat dich angefasst, dein Opa tat dir weh …“ Im weiteren Verlauf des Liedes folgt: „… wie soll man denn so leben, wo soll ich denn nur hin, ein Dasein in Schande, ein Leben ohne Sinn …“
Es ist eindeutig, um was es in diesem Lied geht: um den sexuellen Missbrauch eines Kindes. Ein kleines Mädchen, das so dringend Schutz benötigt hätte, ihn aber nicht fand bzw. bekam und sich letztendlich auch noch für die Verbrechen, die an ihm begangen wurden, schämte.
Viele Opfer schämen sich für das Verbrechen an ihrer Person
Und es ist leider keine Seltenheit, dass sich die Opfer für die Taten, die ihnen widerfahren sind, schämen, obwohl es gar keinen Grund dafür gibt, denn sie haben nichts getan. Meist erst Jahre später, wenn überhaupt, trauen sie sich über die Geschehnisse zu sprechen. Denn wie oft liest oder hört man Sätze wie: „So wie die angezogen ist, muss sie sich nicht wundern wenn x/y passiert!“ In so einer Gesellschaft fällt es nicht leicht, zu überleben und sich jemandem anzuvertrauen, wenn man als eigentliches Opfer mehr oder weniger als Täter hingestellt wird. Die psychischen Folgen solcher Taten kann man als Nicht-Betroffener sicherlich dennoch erahnen, wenn auch nicht fühlen.
Umso mutiger finde ich es, dass die mittlerweile erwachsene Frau allen Mut zusammen fasste und ihre Geschichte den Jungs von Weber & Knechte anvertraute, woraus dann letzten Endes das Lied entstanden ist. Und es war bestimmt nicht einfach für die Band, ein solch sensibles Thema in einen Song zu packen.
Nicht weg sehen!
Vor allem schon deswegen, weil die Band die Frau kannte bzw. kennt. „… das Schatten der Vergangenheit dich noch heute quälen, doch jetzt bist du nicht alleine, denn wir sind für dich da, gemeinsam sind wir stark und überwinden was mal war …“ Diese Sätze sind für Weber & Knechte nicht nur Worte, sie haben auch Taten folgen lassen, waren immer für die Betroffene da, haben sie begleitet, ihr geholfen und haben diese mutige Frau kurzerhand als Bandmitglied aufgenommen, zwar nicht auf der Bühne, aber immer ganz nah dabei.
Bitte schaut nicht weg, sondern achtet auf eure Mitmenschen. Lest zwischen den Zeilen und hört richtig zu. Vielleicht versucht gerade jemand, sich euch anzuvertrauen, weiß aber nicht, wie. Seid bitte aufmerksam und vor allem: seid für einander da.
Falls ihr betroffen seid, könnt ihr unter anderem hier Hilfe finden: https://beauftragte-missbrauch.de/themen/hilfeangebote-fuer-betroffene-von-sexualisierter-gewalt oder https://www.hilfe-portal-missbrauch.de/startseite.
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Bereits im Kindergartenalter gegen Ende der 80er-Jahre durch meine älteren Geschwister mit Punk großgeworden, fand ich ebenfalls als Kind über Metal, Rock und Grunge meinen Weg zum Gothic Anfang der 90er-Jahre und etwas später dann zur NDH und zum Mittelalter-Rock. Diesen Genres bin ich bis heute als schwarz-bunte Seele treu ergeben.