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Sendeschluss – Interview – (Nazis fuck off) Hardcorepunk – Teil 2

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Willkommen zurück mit Tim, Tom und Kiki von Sendeschluss für ein Interview der wirklich spannenden Art. Wer die Vorstellung verpasst hat, darf hier entlang klicken.

„…was uns wirklich ankotzt…“

VRR: Kommen wir etwas auf Politik oder eher Meinungen zu sprechen. Ihr macht in euren Liedern keinen Hehl darum, dass ihr keinen Bock auf Nazis und braune Suppe habt. Ebenso seid ihr sehr stark sozialkritisch. Was kotzt denn Sendeschluss so richtig an und singt ihr in allen euren Liedern über diese Themen?

Sendeschluss: Textlich sind wir da doch wieder etwas Punk lastiger veranlagt. Da ist von den bereits von euch genannten Themen, über den klassischen „Wir sind wieder da“-Song, Freundschaft, Liebe, Antikapitalismus, Maloche, bis hin zur Saufhymne alles dabei. Und was uns ankotzt? Da wird hier der Platz nicht reichen, aber das lässt sich wahrscheinlich mit der „fehlenden Empathie“ in unserer Gesellschaft am besten zusammenfassen. Klar waren die letzten Jahre für uns alle hart, leben wird aktuell teurer und dass in der Politik nicht alles so läuft, wie es wahrscheinlich sollte, darüber brauchen wir uns hier bestimmt nicht unterhalten. Aber wo zum Henker sind wir eigentlich falsch abgebogen, dass wir uns eher wieder zurück- als weiterentwickeln? Da ist es scheißegal, um welche „woken“ Themen es da geht. LGBTQIA+, vegane Ernährung, Sexismus, Migration, Klimaschutz, um nur ein paar zu nennen. Da sitzen Armeen von Erikas und Jochens, die bis vor ein paar Jahren nicht mal ein Smartphone hatten, an ihren Endgeräten und scheißen die sozialen Medien mit Lachsmileys und beleidigenden Kommentaren bei allem, was nicht ihrer Vorstellung von „dem Normalen“ entspricht, zu. Alles nur, weil sie Angst haben, dass man ihnen irgendwas wegnehmen könnte. Wie man immer so schön sagt: „Uns geht’s halt noch nicht schlecht genug“. Wären wir wirklich in einer Meinungsdiktatur, dann hätten die doch nicht mal ansatzweise die Chance, so eine Scheiße von sich zu geben. Aber sich einfach mal drüber Gedanken zu machen, wie es den Betroffenen geht, die das dann auch noch lesen oder im realen Leben hören müssen, das wäre wiederum zu viel verlangt. Nein, lieber schreibt man dann noch einen wütenden Post, teilt irgendwelche „lustigen“ Bilder, die mehr als geschmacklos sind, oder wählt aus Protest die AFD. Ist ja auch alles viel einfacher, als sich tatsächlich mal mit gewissen Themen auseinanderzusetzen, auch wenn die Inhalte einem vielleicht nicht ganz so schmecken. Bzw. muss man ja nicht mal alles verstehen. Es würde uns allen doch schon guttun, wenn wir Sachen, die anderen wichtig sind, einfach mal akzeptieren, auch wenn wir den Hintergrund nicht kapieren. Aber warum sollte man das auch tun, solange bald wieder Bundesliga läuft und die Schweineschnitzel nächste Woche wieder im Angebot sind.

Jetzt aber genug geschimpft! Ab in die nächste Frage. (alle lachen)

„Was gefällt wird gemacht“

VRR: Nehmen wir uns den Titel „Bavarian Wasted Youth“ etwas zur Brust. Übersetzt heißt es: Bayrische vergeudete Jugend. Was hat es damit auf sich?

Sendeschluss: Das mit der „vergeudeten Jugend“ soll eher im übertragenen Sinne gemeint sein. Da geht es darum, dass wir wahrscheinlich nicht dem Weltbild entsprechen, was die typisch Bayerischen Ureinwohner*innen sich für die Generationen nach ihnen vorstellen und wir aus deren Sicht eben unsere „Jugend vergeuden“.
Natürlich gibt es im Freistaat (zu) viele, die genau dieses eingebrannte Bild mit Perfektion verkörpern und leben, aber es gibt auch viele korrekte Leute bei uns, die eben keinen Bock darauf haben alles so zu lassen wie es ist, weil wir das ja schon immer so gemacht haben, sondern Zustände hinterfragen und kritisieren und auch mal das Maul gegen die Alteingesessen aufmachen. Beide Sorten Mensch gibt’s da natürlich bei jung und alt und in sämtlichen Gesellschaftsschichten.
Der Song soll aber darauf aufmerksam machen, dass nicht alle bei uns zur ersten Gattung gehören.

VRR: Ebenfalls vereint ihr im Video, Tradition mit, naja, bequemen Sachen. Ich meine Chucks zur Lederhose, beispielsweise, oder den Terror-Hoodie, anstatt dem Trachtenhemd. Tradition ist gut aber Individualismus gehört auch dazu?

Sendeschluss: Hier halten wir es wie mit der Subkultur. Was gefällt wird gemacht!
Traditionen sind ja an und für sich nichts Verkehrtes. Wenn jede Region nicht ein bisschen anders ticken würde und andere Bräuche hätte, bräuchte man ja schließlich nicht mehr in den Urlaub fahren, weil man eh schon alles kennt. Aber Tradition muss halt auch leben und sollte nicht im Schrank einstauben, sonst spricht sie irgendwann gar keinen mehr an. Und wie könnte man das Spießbürgertum besser provozieren, als mit solchen Stilbrüchen?!
Du willst Chucks und Bandshirt zur Lederhose tragen? Go for it! Bier schmeckt dir nicht? Who cares? Ketchup zum Leberkas? Echt schwieriges Thema, aber scheiß auf die Meinung anderer, wenn es dich glücklich macht!

Betontod Support

VRR: Großes Kino, wie ich finde. Ihr wart Support von Betontod. Erzählt mal, wie war das?

Sendeschluss: Der Abend mit Betontod im L.A. in Cham war mega stark. Alleine die Tatsache, dass die Rheinberger einen Teil von uns maßgeblich im musikalischen Werdegang beeinflusst haben und mitunter unsere ersten großen Helden in Sachen Punk Rock waren und sind, hat den Abend schon sehr speziell gemacht. Der Club war äußerst gut gefüllt, das Publikum hat super mitgemacht, wir sind ziemlich zufrieden mit unserer Performance und mit einem Konzert von Betontod macht man sowieso nie etwas verkehrt. Außerdem sind die Jungs und ihre Crew allesamt absolut coole und bodenständige Menschen. Ein ziemlich perfekter Abend! Aber auch Shows mit den Kassierern im ausverkauften Airport in Obertraubling, unser Supportgig für J.B.O. im Backstage in München und eigentlich alle Shows, vor allem im L.A. Cham, bei denen wir solche Hochkaräter supporten durften, waren wirklich klasse.

VRR: Was hat es mit der Eselarmee auf sich?

Sendeschluss: Die Idee zum Esel kam uns beim kollektiven Ausnüchtern, als wir eine Fernsehsendung mit zwei schnittigen Moderatoren im Privatfernsehen geschaut haben, bei der sich ein Kandidat einen besoffenen Esel auf einem Skateboard tätowieren lassen musste. Da kam dann die Idee auf, dass ein Esel, der in einen Fernseher beißt, doch irgendwie ein geiles Plattencover für SENDESCHLUSS wäre. Und ob man den Esel jetzt als das Tier, das die Last der Welt trägt oder als Metapher für den „kleinen Mann“ sieht, oder ob man die Viecher einfach nur cool findet, macht in dem Fall keinen Unterschied. Da darf jede(r) das reininterpretieren, was man selbst am schlüssigsten findet. Der Esel begleitet uns auf jeden Fall seit den Anfangstagen der Band und wird das auch noch eine lange Zeit weiter tun. Und deshalb ist unsere Fangemeinde eben die Eselarmee.


VRR: Was steht jetzt zukünftig bei euch an?

Sendeschluss: Das nächste große Ding wird natürlich die Veröffentlichung der „Bavarian Wasted Youth“ EP (der genaue Termin hierzu folgt demnächst). Und dann heißt es natürlich wieder so viele Konzerte wie möglich zu spielen, neue Gefilde zu erobern, alte Regionen nochmal abzugrasen, eine geile Zeit zu haben und zwischendurch auch mal ein Bier zu trinken. Was man als Musiker halt eben so macht. Ja, und dann kommt voraussichtlich Mitte September eine weitere Single Auskopplung. Zieht euch bis dahin „Bavarian Wasted Youth“ und „Bei uns Dahoam“ fleißig rein!

VRR: Und wie immer bei einer Fragestunde für VRR dürft ihr nun noch an unsere Leser alles loswerden, was ihr noch sagen möchtet. Bitte sehr und herzlichen Dank an Sendeschluss.

Sendeschluss:  Also erstes natürlich, Danke VRR, für die Anfrage und die Möglichkeit, hier unsere Ansichten zu gewissen Themen offenlegen zu dürfen und vor allem die Unvoreingenommenheit. Liebste Grüße an das Smith & Miller Records Team, Edition Bullduck, alle unsere Freunde, Tante Luise und das gemischte Herrenturnteam Untermurnthal! Allen coolen Kids da draußen, egal ob in Bayern, Thüringen, Sachsen oder sonst wo, sei gesagt: Bleibt stabil! Ihr seid nicht allein! Und bei SENDESCHLUSS ist immer Platz für euch! Und allen Menschen, die nach diesem Interview definitiv keinen Bock mehr auf uns haben, möchten wir mit auf den Weg geben: Es ist okay. Wird dann eben nichts mit uns. Irgendwer liebt euch bestimmt. In diesem Sinne: SENDESCHLUSS ist raus!

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

Mit Baujahr 1976 nicht mehr so ganz jung, bin ich im Herzen der Republik, in Anhalt aufgewachsen.

Mit 19 Jahren zog es mich nach Baden-Württemberg. Aufgewachsen mit Heavy Metal à la Metallica, Slayer und Kreator etc., pubertierte ich mit dem Punk, bis ich dann mit dem New York Hardcore erwachsen wurde. Es gilt: Ob Metal oder Punk, in deutsch oder englisch, Hauptsache mir gefällt´s.

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