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Philipp Burger – „Halt einfach deinen Mund“ Doch er redet trotzdem über sein Buch, die Tour und das Soloalbum

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Spannender und interessanter kann ein Interview mit dem polarisierensten Musiker der Deutschrock-Szene nicht sein. Wir haben heute für euch einen kleinen Auszug aus dem Interview mit Philipp Burger.

VRR: Philipp, du bist bekanntlich jemand mit einem starken Charakter, jemand der viel polarisiert und nie stillsteht. Aktuell steht bei dir viel an: Frei.Wild-Tour, Soloalbum und Solo-Tour und dein Buch. Was hat dich auf die Idee gebracht und was erwartet die Leser?

Philipp Burger: Das war tatsächlich ein Tipp von einem Kumpel, von Stefan, der bei einem ganz großen Verlag arbeitet und der hat gemeint: „Philipp muss eigentlich einmal all das, was ihm im Kopf herumschwirrt nicht nur in Songs verarbeiten, sondern, damit man Frei.Wild und Philipp versteht, ist es vielleicht an der Zeit, an ein geduldiges Format zu denken und das ist eine Biografie.“. Am Anfang habe ich gedacht: „Oh Gott, oh Gott, dies auch noch.“, und dann habe ich es irgendwann tatsächlich probiert. Ich habe drauf los geschrieben, dann war es nicht gut. (lacht) Das klingt nicht so, wie ich es will und dann habe ich mir Hilfe geholt. Und durch mehrere Zufälle bin ich dann bei einer wundervollen Frau namens Caroline Kuhl gelandet: Geschäftsführerin vom Adeo Verlag. Und als sie sagte, sie kann mir da helfen, meinte ich, es wird anders sein als alle anderen Biografien, die sie schreibt. Bei mir muss es so sein, dass ich vom ersten bis zum letzten Wort alles selbst schreibe. Aber sie müsse mir dahingehend helfen, wie der Ablauf von so etwas ist.

Von den deutschen Medien wie die Sau durchs Dorf gejagt

VRR: Jetzt hast du alles dazu erzählt. Jetzt ist das Ding bei Amazon schon eingeschlagen wie eine Bombe. Ich habe nachgeschaut, Bestsellerliste Platz 1 aktuell unter der Kategorie Biografie. Hättest du damit gerechtet und welche Gefühle löst das in dir aus, dass es jetzt schon so durch die Decke geht?

Philipp Burger: Ich muss sagen in Sachen Tonträgern hat man Vorverkaufszahlen. Das gibt es beim Buchmarkt nicht. Also ist es für mich ein komplett neues Prozedere. Andy, der bei Frei.Wild das Marketing macht und letzten Endes auch das Buch mit betreut, wird wahnsinnig. Er meinte, bei jeder scheiß Unterhose weiß man, wie die Vorbestellungen sind, aber beim Buch weiß man es nicht und es ist tatsächlich so. Zum Buch kann ich eine Sache sagen. Dieses Buch hat für mich nicht nur mich als Sänger von Frei.Wild und nicht nur Philipp Burger vom Soloprojekt, sondern insbesondere für mich als Mensch, für mich selber, einen ungemein großen Stellenwert. Deswegen werde ich tatsächlich alle Hebel, die nur irgendwie möglich sind, in Bewegung setzen, dass möglichst viele Menschen dieses Buch lesen oder später hören werden. Ich glaube, dass es viele Fragen aufwerfen wird, wo viele Leute sich fragen werden, ob sie vielleicht falsch in dieser Verurteilung, Kategorisierung und Katalogisierung lagen und ich glaube, dass ich in den letzten Jahren ganz viel in die Richtung gedreht habe. Vor ein paar Jahren habe ich gedacht, ich bin die einzige Sau, die von den deutschen Medien durchs Dorf gejagt wird. Das ist heute anders.

VRR: Zegga oder Föhre, einer von den beiden hat einmal in einem Interview gesagt, dass du eine Songschreibmaschine bist. Was ist dir jetzt im Nachhinein leichter gefallen, ein ganzes Buch zu schreiben oder ein Album?

Philipp Burger: Auf jeden Fall alles andere als das Buch. Das Buch war die schwerste Geburt, die ich in meinem Leben gemacht habe. Ich bin froh, dass ich keine Kinder kriegen muss. (lacht) Aber das war der härteste Job meines Lebens und ich habe schon vieles gemacht, von der Landwirtschaft bis zur Baustelle, auch von Frei.Wild.

Bald im ZDF-Fernsehgarten

VRR: Jetzt gibt es nach all der Zeit immer noch Nörgler und Hater, vor allem in den Sozialen Medien. Wir haben ein paar Kommentare rausgesucht. Dürfen wir ein paar vorlesen, die du kurz und knackig beantwortest?

Philipp Burger: Ja klar, mach!

VRR: Ein Kommentar war zum Beispiel: „Ich kann diesen Typen nicht mehr sehen. Überall nur noch Frei.Wild und der Burger, irgendwann tritt der auch im ZDF-Fernsehgarten auf!“

Philipp Burger: Das glaube ich nicht! (lacht)

VRR: Ein zweiter Kommentar war: „Mit Sicherheit auch Platz eins der Charts, weil es nur noch weichgespülter Pop-Rock-Schlager ist. Schade eigentlich.“

Philipp Burger: Also, ich möchte eine Band sehen mit solchen Texten. Und ich glaube wir sind von den Bands, die Goldstatus erreichten, mit Abstand in Deutschland die Band mit den aneckensten Texten überhaupt. Also, da ist noch nicht einmal ansatzweise etwas dabei, wo ich sagen würde, die trauen sich etwas in die Richtung, wie wir es machen. Ich finde das Traurigste überhaupt, dass eine Aussage wie „Wir schaffen Deutschland“ oder „in der Hölle sollen deine Feinde schmoren“, dass es in den Medien als etwas aneckendes dargestellt wird. Dabei ist es überhaupt nicht aneckend.

VRR: Dann haben wir noch einen: „An Peinlichkeit und Fremdscham nicht zu überbieten. Halt einfach deinen Mund, du und deine Fans hatten nie etwas mit diesen Szenen zu tun und das ist auch gut so!“

Philipp Burger: Es ist schön, dass er Mund sagt und nicht Fresse. Ich hätte halt deine Fresse geschrieben, weil ich zornig gewesen wäre. Was heißt diese Szenen? Er wird wahrscheinlich auf die Punkszene eingehen, auf die Skin Szene und sonst etwas. Also, ich hatte mit solchen Szenen zu tun und das fliegt mir heute noch um die Ohren und deswegen habe ich es mit Frei.Wild auch nicht gemacht. Denn mit Philipp Burger betrifft es nur mich alleine. Wohlgemerkt, Alex war in einer Gothic Band, Mattia und Kurt sind Metalheads durch und durch und von dem her passt es natürlich total. Aber ich hätte Fresse geschrieben.

VRR: Einen machen wir noch. Ein letzter Kommentar: „Ich verstehe das Soloprojekt nicht, die Lieder klingen doch eh gleich wie bei Frei.Wild.“

Philipp Burger: Ja das stimmt, das die nicht so weit weg sind. Allerdings ist es trotzdem nicht anders machbar, weil es genau die Musikrichtung ist, bei der ich mich am meisten zu Hause fühle und deswegen wäre es nicht gut, wenn ich mich da auf Biegen und Brechen einer anderen Musikrichtung zuordnen würde, nur um mich irgendwie auf einem anderen musikalischen Ufer vom klassischen Deutschrock zu befinden. Ich möchte so klingen, wie ich am liebsten klinge.

Weil die Charts (…) heute keinen Schwanz mehr interessieren

VRR: Jetzt kommt dein neues Album, sonst denkt man immer nur, was die Fans vom Album halten, aber wir wollen den Spieß umdrehen. Was ist deine Erwartungshaltung an die Fans in Bezug auf die neue Platte oder schreibst du die nur für dich?

Philipp Burger: Im Grunde nein, ich schreibe sie natürlich nicht nur für mich und das ist auch eine Lüge von jedem Musiker. Ich habe in den letzten Monaten so viel Schwachsinn gelesen und zwar immer von Bands, die nicht die Erwartung der Fans erfüllen konnten. Die sie sich vielleicht vorher zurecht gewünscht haben, würde ich sagen. Da gab es Aussagen wie: „Mir sind die Charts total scheiß egal, hauptsache es klingt so true, wie ich klinge.“, das mag sein. Das war bei mir auch so, dass mir die Charts total wurscht sind. Warum? Weil die Charts heutzutage eigentlich keinen Schwanz mehr interessieren. Sie interessieren defacto deswegen nicht, weil heute die Musik von einer Art Playlistkultur dominiert wird. Die Toten Hosen laufen zwar, aber es gibt viele Bands, die da einfach nicht stattfinden. Albumverkäufe haben natürlich nicht mehr diesen Stellenwert, wie vor vielen Jahren. Insbesondere nicht mehr diese World of Music, die bei MediaMarkt abgebildeten Charts. Das ist Fakt.

Wenn der Harder dem Burger auf den Zeiger geht

VRR: Wie entsteht denn ein klassisches Philipp Burger Album? Wie gehst du vor?

Philipp Burger: Ein Philipp Burger Album entsteht so, dass ich immer vorher meinen ganzen Vorrat an kurzen Ideen, die ich einmal aufs Handy geplärrt habe, ganz hässlich klingt das, mit verstimmter Gitarre, mit out of tune-Gesang, einfach so, weil ich probiere, wie es sich anfühlt und dann verrutscht mir auch mal ein Ton und ich bin auch nicht so ein Über-Gitarrist. Ganz im Gegenteil, ich bin ein klassischer Rhythmus- Gitarrist.
Dafür muss man üben und ich habe keine Lust und keine Zeit. Und immer, wenn ich früher geprobt oder geübt habe, ist mir ein Song eingefallen. Wenn da eine Idee dabei ist, setze ich mich an den Rechner, dann programmiere ich mir einen Beat darunter, einen Bass und dann nehme ich mir eine Gitarre. Nehme es halbwegs anständig auf. Dann mache ich eine Tabelle (Ton, Stilistik, Tonlagen, Inhalte). Ich seziere die Songs ein bisschen, vollende es dann, in dem die Sachen dazu kommen, die mir noch fehlen. Die Songs schicke ich dann dem Harder, dann kommt meistens, dass er es nicht so geil findet. Dann geht er mir auf den Zeiger. Dann sage ich, er versteht nichts und dann er wieder, seit wann weißt du, was ich verstehe bzw. wer war denn bei einer Plattenfirma? Du oder ich? Tatsächlich ist er mir da ein sehr wertvoller Kapitän, weil ich ja nicht so gerne kritisiert werde. Wer wird das schon gerne? Und ich höre schon auf ihn.

Die Hafenhure in Hamburg macht ja auch einen Job nach dem nächsten

VRR: Es ist ja auch mal schön in kleinen Hallen zu spielen. Back to the roots.

Philipp Burger: Ja, na logisch. Ich habe schon überlegt, ob ich nicht vor die Hallen hinausgehe und kleine Open Airs mache. Es haben aber alle gesagt, vergiss das, es geht nicht. Aber das muss ich erst noch schauen, weil ich in meinem Leben schon so oft gehört habe, dass das nicht geht und es ging immer irgendwas. Aber es wäre so eine ganz kleine Idee, so kleine Open Airs. Das wäre so mein Ding, aus dem LKW heraus. Eigenes Bier, mit ein paar Merchern, zwei Pilze, wo die Leute drum herumstehen und alles voll schön. Das wäre mein Wunsch.

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Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

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