Rock im Keller Vol. 6 – Nachbericht
Knapp zwei Jahre ohne asoziales Gruppenschwitzen im Moshpit haben an der Substanz vieler Rockfans genagt. Bis auf den Vorteil der Bierlieferung zum zugewiesenen Platz schienen die Corona-Konzerte doch nur als kurzweilig zufriedenstellende Übergangslösung. Ein Plädoyer, warum diese Zustände hoffentlich nun für immer der Vergangenheit angehören, hat am Wochenende die sechste Ausgabe von Rock im Keller geliefert.
Das Sockendrama
Vor der Begeisterung allerdings standen die Bedenken. Der Umzug in die größere Schützenhalle ließ weniger Ansammlung vor der Bühne, dafür umso mehr Rockvolk vor der benachbarten Theke vermuten: typisch Landbevölkerung eben… Für den ersten Act des Abends, Raum27, bewahrheitete sich die Befürchtung. Das lag vermutlich aber nicht an den trinkfreudigen Bewohnern am Rande des Sauerlandes, sondern an den Musikern selbst. Das Duo, bestehend aus Akustikgitarre und Gesang, mag auf den gemeinen, älteren Rockfan vermutlich eher exotisch gewirkt haben. Ohne musikalische Varianz und verschiedenste Instrumente blieb der Auftritt über weite Strecken monoton. Daran konnte auch die gute Stimme des Sängers nichts ändern, die entfernt an Henning May erinnerte. Und noch ein Tipp für das Bühnenoutfit: durchlöcherte Socken ohne Schuhe waren höchstens auf dem Woodstock einmal angesagt.
Perfekte Show
Bei Rustikarl wurde die Akustikgitarre glücklicherweise durch E-Gitarren ersetzt. Die Briloner, die sich in den vergangenen Jahren immer weiter professionalisierten, lieferten auch am Samstag wieder eine stimmungsvolle Show. War der anwesenden Hörerschaft zu Beginn der Show noch ein wenig Trägheit zuzuschreiben, füllte sich der Pogo-Pit später rasant. Zu verdanken haben sie das auch den Songs, die nicht altern und das Publikum immer noch näher an die Bühne locken: „Leber brennt“ und „Tequila mit den Engeln“. Aber auch die neueren Stücke haben zurecht ihren Platz in der Setlist gefunden. Allen voran die Lokalhymne „Mein Freund ist Sauerländer“ sorgte für einen mehr als würdigen Abschluss des Rustikarl-Auftritts und die ersten dicken Schweißperlen des Abends.
Die Band um Sänger Christian Ester blieb fehlerfrei: keine gesanglichen Stolperer, keine instrumentalen Ausfälle. Das einzige Manko der Show hatten die Musiker jemand anderem zuzuschreiben. Die Tonmischung missglückte über große Teile des Auftritts, wie auch schon vor zwei Jahren. So klar wie die Aussagen der Musiker, wäre auch der Sound wünschenswert gewesen…
Marsberger Nächte sind lang …
Nachdem die Rogers die Bühne betraten, spielte dieses Problem kaum noch eine Rolle. Die Hälfte der Feierwütigen musste mehr darauf achten, im losbrechenden Pogo-Fieber keine Herzattacke zu bekommen, anstatt noch etwas von Feinakustik zu vernehmen. Na gut, möglichweise erging es auch nur dem Autor dieses Textes so… Die Massen jedenfalls zog es nun endgültig nach vorne. Ebenso freudig ging es allerdings auch auf der Bühne zu. Die Düsseldorfer spielten bereits mehrere Male in Marsberg und waren auch auf dieser Reise sichtlich angetan von der Präsenz des Publikums. Das übrigens bestand nicht nur aus jungem Punknachwuchs, sondern auch aus alten Marshalls, die die wohltuenden Klänge der Rogers zu schätzen wussten.
Zu schätzen weiß das Rockvolk nun auch wieder, wie schön es sich anfühlt, den Schweiß der anderen zu riechen, schmecken und zu fühlen. Wie schön es ist, sich nach dem Pogo das Bier selbst an der Theke abzuholen und wie erhaben das Gefühl beim Crowdsurfen ist. Marsberg? Auf einen nächsten, letzten Abend!
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Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:
Über mich: Geboren im Jahrgang 2000 bin ich mit 17 Jahren der Jüngste im Team. Für Rockmusik schlägt mein Herz schon seit dem Kindesalter. Angefangen hat damals alles mit den Toten Hosen. Obwohl als Schüler immer knapp bei Kasse, besuche auch ich das ein oder andere Konzert. Außerdem spiele ich leidenschaftlich gerne Schlagzeug. Motto: Es gibt nur ein Gas, Vollgas!