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Ghostwriter – verwerflich oder nebensächlich?

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„Das ist alles nur geklaut, nur gestohlen, nur gezogen und geraubt. Entschuldigung wer hat dir das erlaubt?“

Doch ist es wirklich Betrug, wenn Bands sich ihre Texte und Musik schreiben lassen?

Unsere Idole auf der Bühne – Rockstars, Rampensäue, beherrschen ihr Instrument und geben ihre ganz persönlichen Geschichten und Emotionen in Form von Musik zum Besten. Texte, die uns bewegen und mit denen wir uns identifizieren. Doch wie fühlen wir uns, wenn wir erfahren, dass der Typ auf der Bühne gar nicht seine selbstgeschriebenen Werke von sich gibt? Gut, bei Coverbands gar kein Thema, die schreiben es sich ja schon auf die Fahne, aber bei allen anderen grenzt das doch an Verarsche, oder?

Helene Fischer, Beatrice Egli und Co

© Kristian Schuller / Universal Music

Was bei Schlager schon längst Gang und Gäbe ist, verursacht im Bereich der Rockmusik noch immer fiese Falten auf der wütenden Stirn. Dass bei Helene Fischer, Beatrice Egli und Co das meiste Fake ist, wundert uns kein bisschen. Die Jungs und Mädels der spaßigen Popmusik sind bekanntermaßen nur Marketingprodukte, die meist nicht mal darüber entscheiden dürfen, was von ihnen gesungen wird. Produzenten lassen sich von etlichen Songschreibern Vorschläge machen und picken sich davon die Rosinen raus. Erwünscht ist, was sich verkaufen lässt. Es ist unwichtig ob der Text einen Bezug zu demjenigen hat, der es vorträgt. Wichtig ist nur, ob sich die Hörer mit dem Lied identifizieren können und die Platte kaufen. Niemand erwartet, dass die hübsche Blondine, mit der melodischen Stimme, den rhythmischen Tanzbewegungen und dem knappen Fummel auf der Bühne auch noch so viel Talent hat, dass sie ihre Musik selbst macht.

Tiefgründige Texte und Bühnenpräsenz

Doch bei echten Rockern legen wir einen ganz anderen Maßstab an, wir fordern Authentizität. Die tiefgründig, sozialkritischen Texte muss sich einer von ihnen aus den Fingern gesaugt haben, muss talentiert genug sein um sich lyrisch zu ergießen, dabei noch mit einer wahnsinnigen Bühnenpräsenz performen, eine herausragende Stimme haben und dabei noch unverschämt gut aussehen! Aber Moment – was ist, wenn der Kerl auf der Bühne keine eierlegende Wollmilchsau ist, sondern einfach nur eine fette Show abliefern kann? Und was ist wenn jemand verdammt gut Musik schreiben kann, sich aber niemals auf die Bühne trauen würde? Sollten seine Gedanken dann nicht gehört werden und sind sie weniger Wert, nur weil wir sie von jemand anderem vorgetragen bekommen?

Das liebe Geld

Viele fühlen sich verarscht, wenn sie erfahren, dass die Musiker, für die sie so bereitwillig den Geldbeutel geöffnet haben, in Wirklichkeit nur „Bühnenmarionetten“ sind. Man sollte also überlegen, ob die Musik nicht selbstgemacht ist, weil sich so mehr Geld verdienen lässt, oder ob es nur das fehlende Talent ist, die richtigen Worte zu finden. Die wenigsten würden Sinatra oder Elvis vorwerfen, sie hätten kein Gefühl für Musik gehabt, nur weil diese nicht selbstgeschrieben war.

Was wir vom Thema Kommerz halten? hier

Klar wäre es mir lieber, wenn wenigstens im Bereich von Rock und Metal die Leute auf der Bühne, tatsächlich die sind, für die ich sie aufgrund ihrer Musik halte. Wer aber immer noch glaubt, dass die idealisierten Vorstellungen eines Rockstars von vor 40 Jahren der heutigen Realität entsprechen, der wird enttäuscht sein, denn der Zeitgeist ist ein anderer. Geborene Rampensäue, die wie selbstverständlich im völlig dichten Kopf noch ihre handgeschriebenen fetten Sounds abliefern, als wäre es so einfach, wie sich den Arsch abwischen, sind eng gestreut. Sicherlich gibt es noch welche davon, aber sind wir gelegentlich auch bereit bei der Performance der Künstler Abstriche zu machen, wenn sie eben nicht die Rampensaugene mitbekommen haben, aber trotzdem gute Musik produzieren?

Eine Frage der Prioritäten

Oft genug hab ich Musik gefeiert, die ich auf CD Zuhause im Kämmerchen gehört habe und war auf Konzerten dann enttäuscht. Wenn die Truppe wie angewurzelt auf der Bühne steht und nur ihre Musik runter schrubbt, da können Texte und Musik noch so packend sein, die Stimmung ist trotzdem dürftig. Es muss sich in dem Falle also jeder die Frage nach der persönlichen Wertigkeit stellen. Verzichtet man im Zweifel lieber auf eine wilde Show und hat dafür eine authentische Truppe auf der Bühne, oder legt man mehr Wert auf Unterhaltung und verzichtet dafür auch Mal auf Selbstgeschriebenes.

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

"Immer Vollgas und keine Angst vorm Scheitern. Immer Vollgas, immer nach vorne immer weiter..."

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