LustfingeR – LUSTFINGER – VÖ 29.07.2022
Wer behauptet, die alten Hasen haben es nicht mehr drauf, der hat LustfingeR noch nicht gehört. Wo waren sie und wo kommen sie her? Ist das mal richtig guter Punkrock, der mir hier um die Ohren fliegt?!
Mit vielen wahnsinnig tiefgehenden Texten, bringen die Jungs so die Themen auf den Punkt.
LustfingeR gibt es schon viele Jahre, genau genommen über die 40 Jahresmarke hinaus. Aus München kommend, sehen wir hier keine Lederhosen Cowboys, stattdessen wohl aber vier gestandene Männer im besten Alter, die genau wissen, was sie tun. Den Rock ’n’ Roll mit Punkrock gemischt haben sie schon in den frühen 80er Jahren gelebt und geliebt. Damals waren sie aber nicht immer gleich Schwiegermuttis Liebling, und jedermanns Sache. Das sind eben waschechte Punkrocker. Auf 11 Studioalben können sie zurückblicken und haben noch immer nicht genug.
Es war ne geile Zeit und die ist lange nicht vorbei
Diese Jahre voller Erfahrungen hört man hier direkt, ob das lyrisch oder als Gesamtpaket, ihre Leistung ist ein Meisterwerk. Es bedient jedes Punkrockerherz von Anfang bis Ende. Ich habe reingeschnuppert und was soll ich sagen, Tom Fock selbst hat mir kein einziges Versprechen zu viel an sein neues Album gegeben. Dabei will ich euch gar nicht viel über diese Gitarrenriffs oder die Drums erzählen. Ich will euch vielmehr mein eigenes Gefühl und meine Sicht möglichst authentisch transportieren.
Tracklist:
- Auf los geht’s los
- Lügen Garantie
- Benzin
- Durchs Feuer gehen
- Steh auf und tanz
- Alles ist besser
- My Brain is hanging upside down
- Jeder Tag
- Stürmische See
- Wir waren Träumer
- Es war ne geile Zeit
- Hasta la Vista
- Walk into the Fire
„Steh auf und tanz“, na aber sicher! Bei diesem Lied würde ich sofort mit dir durch den Regen, durch die Sonne und durch jeden Sturm tanzen. Das fühle ich bei diesem Song, der sich immer mehr zu meinem persönlichen Favoriten herauskristallisiert. Mit welcher Positivität dieses Lied mich abholt, einfängt und nicht wieder los lässt. Das ist fast nicht in Worte zu fassen. Ich bin dann mal tanzen. Was soll ich anderes sagen, als einfach nur: tanzt! Ich bitte euch, fühlt es und tanzt. Mehr geht einfach nicht in einem einzigen Song.
Eine Ballade, die dieses Album mehr als prägen wird, ist „Durchs Feuer gehen“. Wundervoll gefühlvoll und treffender denn je. Verletzte Gefühle erzählen Geschichten, die jeder kennt. Dieser Song ist eine Liebeserklärung ohnegleichen, das wieder Aufstehen, nach dem Fallen. Wie mir zitiert wurde, sagte ein schlauer Mensch, „Wäre dieser Song von den Toten Hosen, wäre es ein Nummer 1 Hit“. Also worauf warten wir, es ist nämlich genau das. Nicht von den Hosen, (zum Glück) nein, es ist der Song, der dieses Album von LustfingeR so besonders macht. Ein Song, der melodisch als auch lyrisch emotionaler nicht sein könnte.
Am Ende gibt es diesen Song noch einmal in Englisch aufgenommen von keinem geringeren als Jean Beauvoir. Er schrieb Songs für die Ramones und für weitere namenhafte Bands. Mit „Walk into the Fire“ ist somit auch jeder Fan der englischsprachigen Musik bedient. Klingt etwas rockiger als die deutsche Musik und kann sich somit wirklich sehen lassen. Nicht als Kopie, sondern als einmaliges Feature.
Hasta la vista, auf Wiedersehen
„Alles ist besser“ als den Weg zu gehen, den alle gehen. So und nicht anders ist die Botschaft, die uns hier um die Ohren gehauen wird. Gegen jede Konvention, sich seinen eigenen Weg zu bahnen, sich selbst zu finden und seinen Werten treu bleiben. Das ist das, was uns hier mitgeteilt wird. Alles ist besser als in Reih und Glied zu stehen, darf ich weiter zitieren. Gepackt ist das Ganze in eine Art Hymne, die einen mitnimmt auf der Welle gegen den Strom. Sie ist fast schon aufbäumend gegen jede Norm.
Die zweite Ballade in diesem Album hat sich wirklich in meinen Kopf gebrannt, wie eine Gravur auf eine Metallplatte: „Wir waren Träumer“. Ihr glaubt es erst, wenn ihr es hört, aber ich kann mich mit diesen Zeilen mehr als identifizieren. Ich finde mich fast 1 zu 1 in diesem Song wieder. Möchte aufstehen, um zu verwirklichen, was so lange im Verborgenen lag. Und ich glaube, es wird ganz vielen von euch so gehen. Da kommen Gefühle zum Vorschein, die auf einmal präsenter nicht sein könnten. Mit einer Leichtigkeit in sich, ist das wohl eine Einladung dazu, seine Träume zu leben.
„Wir hauen noch einen raus, ob es euch gefällt ist uns egal“, so die ersten Zeilen im Song. Typisch Punk denke ich mir. „Hasta la Vista“ ist ein absoluter Partysong, lädt zum pogen ein und sollte wohl ein Jubiläums Song sein. Nach 20 Jahren traf man sich in original Besetzung und sang diesen absolut frech klingenden Song ein. Beim Hören hat man das Gefühl, da stehen ein paar junge Punker am Mikrofon, die die Welt erobern wollen. Sie besingen aber eigentlich gegenteilig eher eine Dankeshymne. Irrwitzig, wie Text und Gefühl sich vermischen und ein wenig verwirren. Auf eine Art und Weise, die mich einfach mitreißt. Arme hoch und mitgrölen. Danke für diese Musik. Auf Wiedersehen und fürs erste Hasta la Vista Jungs.
Fazit:
Alles in allem ist dieses Album ein absolutes Überraschungspaket, zu dem ich euch noch gar nicht zu viel verraten möchte. Der ein oder andere Spoiler ist ja schon im Text versteckt. Ich brauche auch hier wirklich nicht ins Detail zu gehen, wenn ich beschreiben soll, was dieses Album ausgelöst hat. Qualitativ hochwertig produziert lässt es wirklich kaum Luft nach oben und auch lässt es keine Wünsche offen. Emotional, rockig, und auf jeden Fall auf den Punkt punkig.
Direkt wird einem klar, dass es sich hier um Musiker dreht, denen keine Erfahrung ihrer Zeit je zu viel wurde. Nein im Gegenteil, alles war ein Prozess, der sie an diesen Punkt brachte, an dem sie jetzt stehen. Im Hier und Jetzt. Und genau da gehören sie hin. Erfahrene Musiker, die wissen was sie tun, aber vor allem wissen, was sie wollen.
Ich habe selten ein so gut auf einander abgestimmtes Album gehört, nicht in der Punkrock Szene. Und trotz den typischen Merkmalen von Rock und Punk, bedient es dennoch eines jeden Musikgeschmack. Es ist unglaublich vielfältig im lyrischen Bereich, mit viel Gefühl und gleichzeitig viel Rock im Gepäck. Ob Deutsch oder Englisch gesungen, du kannst es überall hören. Auf die Bühne mit euch, ich hätte Bock auf ganz viel Livemusik von euch.
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Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:
Ich bin Tati aus dem grünen Herzen Deutschlands. In einer Musikerfamilie aufgewachsen, war es mir schon immer wichtig, die richtigen Töne zu finden. Ob in Wort oder Schrift, ob im Gesang oder in der Poesie. Jedes Genre und ein jeder Stil war mir willkommen. Und genau das hat mich in meiner Jugend geprägt und bis heute begleitet.