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Kissin‘ Dynamite – Interview

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Die fünf Schwaben sind längst keine unbekannten mehr am Rockhimmel. Egal ob als Vorband von Frei.Wild (X-Mas Shows 2015) oder als Act auf Festivals, wie dem Alpen Flair, Wacken oder dem Summer Breeze. Unter dem Motto „Bring back Stadium Rock“ rocken sie mittlerweile Bühnen in ganz Europa und sogar Asien. Wir haben uns mit Gitarrist Ande getroffen und haben uns etwas über ihre Vergangenheit, eine neue Platte und über das Tourleben geplaudert.

Besetzung:
Sänger: Hannes Braun
Gitarrist: Ande Braun
Gitarrist: Jim Müller
Bassist: Steffen Haile
Schlagzeuger: Andi Schnitzer

Meinem Bruder und mir wurde die Musik in die Wiege gelegt.

VRR: Ihr habt euch bereits 2002 als Schülerband gegründet, hättet ihr damals damit gerechnet, mal vor Fans auf der ganzen Welt zu spielen?

Ande: Richtig wir haben uns 2002 gegründet. Mein Bruder und ich haben schon immer Musik gemacht, das wurde uns in die Wiege gelegt. Irgendwann hatten wir dann gesagt, wir wollen das nach außen tragen und haben mit dem Projekt Blues Kids angefangen. Das war ungefähr in der fünften Klasse, unter den Mitschülern war einer, der Schlagzeug spielte und das fand ich richtig cool. Dann hatten wir Schlagzeug, Gitarre und meinen Bruder damals noch am Klavier beziehungsweise am Keyboard und entschieden uns, instrumental Blues zu machen und so entstanden dann die Blues Kids. Irgendwann haben wir eine Zeitungsannonce beworben in der stand, Sänger mit Dampf im Kehlkopf gesucht, weil wir Musik im Stil von AC/DC machen wollten. Erst viel später kam raus, dass Hannes eigentlich der viel bessere Sänger ist und so kam 2007 Kissin’ Dynamite zustande. Aus einer Idee und Spaß an der Sache entwickelte sich das, was wir heute haben und das hätte damals keiner gedacht.

VRR: Was konntet ihr für euch als Band mitnehmen, als ihr Vorband von unter anderem U.D.O, Steel Panther oder Powerwolf wart?

Ande: Auf jeden Fall waren diese Touren interessant für uns, weil es die ersten zusammenhängenden Touren waren. Wir hatten auch als Blues Kids von Anfang an immer Auftritte – aber eben nur am Wochenende. Ich fand schon immer faszinierend auf Tourplakaten zu sehen, wie Bands jeden Tag in einer anderen Stadt spielen und dachte immer: “Wow ist das geil, was die machen und erleben”. Als Kissin’ Dynamite dann 2007 ins Leben gerufen wurde, dauerte es auch tatsächlich nicht lange, bis eben von besagten Bands Anfragen zum Toursupport kamen. Gute Vorbands steigern ja den eigenen Wert und wir waren da gerne dabei – wir wollten ja auch mal wissen, wie es ist eine zusammenhängende Tour zu fahren und was es an Verantwortung mit sich bringt, jeden Tag vor Leuten spielen zu dürfen, die eine geile Show erwarten. Und in dieser Hinsicht hat uns das wirklich weitergeholfen.

Bis heute die beste deutsche Band des Metal Hammers

VRR: Seit 2008 habt ihr im zwei Jahres Takt bereits 6 Alben veröffentlicht, GENERATION GOODBYE landete auf Platz 14 und ECSTACY auf Platz 7 der deutschen Albumcharts, wann kann man mit einer neuen Platte rechnen?

Ande: Leider mussten wir Corona bedingt unseren zwei Jahres Rhythmus unterbrechen. Für die Fans war das natürlich cool die konnten sich ja eigentlich darauf verlassen, dass alle zwei Jahre was Neues kommt. Aktuell kann ich sagen, dass wir an einem neuen Album und neuen Songs arbeiten. Ein genaues Datum hierzu gibt es gerade nicht.

VRR: 2018 habt ihr den Metal Hammer Award für die beste deutsche Band gewonnen, wie hat es sich angefühlt an Bands wie Helloween, Destruction und Eisbrecher vorbei zuziehen?

Ande: Das war tatsächlich richtig cool. Wir waren ja bereits 2016 schon einmal nominiert und auf dieser Veranstaltung als Gast. Das kann man sich schon so vorstellen, wie die großen Galas im TV bei den Grammy oder ECHO Verleihungen, nur eben auf Rock mit einem schwarzen anstatt eines roten Teppichs. Überall waren Fotografen und Lichter. Metal Hammer ist ja eine sehr große Instanz. 2018 waren wir dann wieder nominiert, aber hatten keine Ahnung, dass wir das Ding auch mitnehmen. Damit haben auch die Kollegen absolut nicht gerechnet. Für uns stand an diesem Abend der Spaß und Kontakte knüpfen im Vordergrund. Das pikante an der Geschichte ist übrigens, dass wir bis heute noch die beste deutsche Band sind – denn seither gab es diese Auszeichnung nicht mehr und solange das nicht neu ausgezeichnet wird, bleiben wir amtierende deutsche Band vom Metal Hammer Award. Das macht uns natürlich wahnsinnig stolz.

VRR: Zu eurem Release von ECSTASY habt ihr damals Grillpartys veranstaltet auf denen ihr teilweise auch persönlich anzutreffen wart und eure Fans verschiedene Dinge wie Bier, Grillwurst oder einen Weber Grill gewinnen konnten. Wie kam es zu dieser Idee und könntet ihr euch vorstellen, sowas nochmal zu machen?

Ande: Wir sind damals auf den Wurstfabrikanten „Wulff“ gestoßen, der Chef dort ist ebenfalls Kissin’ Dynamite Fan und macht Brat- und Grillwurst. Dann hat er überlegt, ob man da nicht mal etwas zusammen machen könnte. Wir sind dann nach Göttingen gefahren und er hat uns alles gezeigt. Wir waren begeistert, wie toll er seine Tiere dort hält und züchtet. Das ist alles artgerecht dort und die Tiere haben ganz viel Platz. Am Ende hatten wir eine Kissin’ Dynamite Grillwurst Edition geplant und schnürten mit Bitburger zusammen dieses Gewinnspiel.

Bitburger wiederum hat dann Weber mit ins Boot geholt und wir hatten das perfekte Paket für eine Grillparty, passend zu unserem damals im Sommer erschienen Album. Der Kontakt ist auch immer noch da, daher wäre es an sich denkbar so etwas nochmal zu machen, wir sind für solche Anfragen auch immer offen. (grinst)

VRR: Ihr seid ja alle typisch schwäbisch und arbeitet noch in „normalen“ Lehrberufen, könnt ihr, wenn wir die Corona-Pandemie und das Konzertlose 2020 ausklammern, von eurer Musik leben?

Ande: Schwieriges Thema. Es gibt da immer zwei Wahrheiten. Die Menschen von außen sehen, wir spielen immer vor tausenden von Leuten, auf großen Festivals, kommen im Fernsehen und die Leute sehen, wir haben eine gewisse Reichweite und Bekanntheit. Klar denkt man da schnell, man ist Rockstar. Aber mit Musik ist nicht mehr viel Geld verdient, Plattenverkäufe sind dank Musikstreamingdiensten am Boden. Ich selbst streame natürlich auch, obwohl ich es als Musiker und Konsument sehe. Für Konsumenten ist das super, man hat viel für wenig Geld und hat alles zu jeder Zeit zur Verfügung.

Unsere Welt wird immer bequemer und einfacher, das ist einfach zeitgemäß, ich würde mir aber wünschen, dass das Ganze für Musiker lukrativer wird. Bands, die im Radio hoch und runter laufen, werden von den Musikstreamingdiensten entsprechend belohnt, aber für den Mittelstand, wie wir es sind, ist das schwer. Das Geld kommt über Live-Einnahmen und wer wie wir eine relativ aufwändige Show hat, der hat natürlich auch wieder höhere Kosten. Feuer, Licht, Bühnenaufbau, alles kostet Geld, das müssen sich die Zuschauer bewusst machen. Gagen sind schnell verbraten für Mieten, Abzahlungen, Crew. Natürlich kommt es auf den Lebensstil an, in der aktuellen Situation wäre an ein Auto dann nicht zu denken. Wir sind Schwaben und solange es möglich ist, gehen wir alle einem ordentlichen Beruf nach.

Eine komplette ‘Tour’ so zu spielen, wäre für uns nicht befriedigend gewesen

VRR: Manche Bands haben im Sommer mehrere Autokonzerte, wenn nicht sogar kleine Touren gespielt, ihr lediglich eins in Stuttgart. Warum habt ihr nur eins gespielt, wo ihr doch eine sehr weit verbreitete Fangemeinde habt?

Ande: Darüber haben wir uns auch viele Gedanken gemacht. Die Alternative war natürlich mega. Sämtliche Künstler, aus sämtlichen Szenen hatten Touren geplant und plötzlich war alles zu Ende. Dann kam die Anfrage von dem Stuttgarter Veranstalter und erst da haben wir uns mit diesem Thema auseinandergesetzt. Keiner wusste wie das von statten gehen soll und was da passiert, aber da besondere Zeiten besondere Maßnahmen erfordern, wollten wir das machen. Es war nie unsere Absicht den Leuten das Gefühl zu geben, dass so jetzt das Konzert von heute aussieht, aber der Aspekt war interessant für uns. Das ist das Beste, was man zu dieser Zeit rausholen kann auch, wenn ein richtiges Konzert durch nichts zu ersetzen ist. Daher haben wir dieses eine Konzert in unserer Heimat gespielt, uns aber von anderen Anfragen distanziert. Eine komplette ‘Tour’ so zu spielen, wäre für uns nicht befriedigend gewesen.

VRR: Angeblich fallen Musikern die besten Songs auf Tour ein – stimmt das?

Ande: Das stimmt ein Stück weit. Auf Tour erlebt man einiges und lernt sich ein Stück weit selbst kennen. Außenstehende denken auch hier wieder wie toll es ist heute in Barcelona und morgen in Hamburg zu spielen, man sieht viel und kommt rum. Das ist auch toll, aber es ist auch so, dass man sich aktiv Zeit nehmen muss. Auf Tour ist Zeit ein rares Gut, das ist nicht nur abends zwei Stunden auf der Bühne stehen.

Interviews, Soundchecks, Aufbau, Vorbereitungen hinsichtlich Instrumente, Meet and Greets, all das macht einen Tourtag ziemlich voll. Essen und Körperhygiene muss man ja auch noch machen (lacht). Auf der letzten Tour hatten wir einen guten Mittelklasse Bus und waren auf zwanzig Quadratmetern mit fünfzehn Leuten auf engstem Raum. Da gerät man auch mal wegen Kleinigkeiten aneinander. Man hat keine Privatsphäre. All das Erlebte sind oft Momente, die oft in Songs verarbeitet werden. Insofern würde ich diese These definitiv unterstreichen.

VRR: Kannst du das beste Konzert oder Festival beschreiben, das ihr bisher erlebt habt?

Ande: Das ist immer so eine Frage. Ich finde das schwierig. Jedes Konzert gehört zu uns, unsere Songs sind ja quasi unsere Kinder und mit denen gehen wir auf Reise. Niemand würde ein Kind dem anderen bevorzugen. Jeder Moment hat was für sich und überall gibt es Positives und Negatives. Aber Highlights sind definitiv immer Festivals, 2019 haben wir auf dem Summer Breeze vor 25.000 Leuten gespielt, das war echt eine Macht. Es haben uns alle zugeschaut, egal ob sie gezielt wegen uns da waren oder nicht, Aber auch ein kleines Wald- und Wiesenkonzert vor 500 Leuten kann wahnsinnig toll sein – wir sind da ja auch absolut flexibel und machen eben das, was wir können und was uns Spaß macht.

VRR: Was war für dich persönlich das ungewöhnlichste Konzert, das ihr gespielt habt?

Ande: Da würde ich schon sagen, das Autokinokonzert. Das war für uns und für die Crew, ebenso für Veranstalter, Booker und Techniker ein großes Fragezeichen, Niemand konnte dir sagen, wie das läuft. Unser Ticketvorlauf bestand aus einem Monat – normalerweise hat man dafür 9 – 10 Monate. Aber es ging ja allen Bands so.

Musik sollte nichts sein, was umsonst verfügbar sein sollte

VRR: Steffen, ist ja kürzlich erst Papa geworden, Herzlichen Glückwunsch an dieser Stelle von uns! Welche Geschichte aus eurer bisherigen Karriere werdet ihr euren Kindern und Enkeln am häufigsten erzählen?

Ande: Nicki, da gibt es so viele Geschichten. Wir machen das ja jetzt schon 13 Jahren und sind in ein und derselben Kombination unterwegs, da gibt es wahnsinnig viele Geschichten, die uns verbinden. Das würde den Rahmen jetzt sprengen. Aber zu dem Zweck sind wir seit kurzem jeden ersten und dritten Dienstag im Monat auf Twitch live. Wir schalten uns via Videokonferenz zusammen und plaudern live über unsere bisherige Karriere und Erlebnisse. Da wollen wir in Zukunft auch gezielte Themenabende machen.Zu diesem Stream sind natürlich alle recht herzlich eingeladen.

Die ersten beiden Sessions haben wir bereits hinter uns und es ist faszinierend, was da für Geschichten ausgegraben werden, die man gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. Das tut richtig gut und man blendet teilweise auch aus, dass da ja gerade einige Leute zu schauen. Hier erfährt man Dinge, die man sonst eben nirgends postet. Zu Twitch kamen wir über den Paralbelritter, der uns einlud an seinem „Alle hassen…“ in diesem Fall Kissin’ Dynamite mitzumachen. Ja und vielleicht erzählen wir unseren Kindern und Enkeln irgendwann einmal, dass es damals sowas wie Twitch gab.

VRR: Das war dann auch schon die letzte Frage, möchtest du noch ein letztes Wort an unsere Leser richten?

Ande: Ja da gibt es was und zwar nochmal zum Thema Musik und Wertigkeit von Musik. Musik ist heute so leicht verfügbar, egal ob über Streamingportale oder YouTube. Ich glaube, das Bewusstsein der Leute ist heutzutage nicht mehr da, dass da immer Leute dahinterstehen, die Zeit und Arbeit darein stecken. Musik sollte nichts sein, was umsonst verfügbar sein sollte, sondern auch etwas sein, wo man gerne zahlt. Einem Künstler ist schon geholfen, wenn man nicht die kostenlose Spotify Version nutzt, sondern ein paar Euro im Monat dafür bezahlt, die 7,99€ für ein McMenü hat man ja auch. Da würde ich mir wünschen, dass das Bewusstsein der Leute hier etwas erhellt wird,

VRR: Tolle Worte zum Abschluss. Ich bedanke mich für deine Zeit heute Abend und bin gespannt auf euer neues Album.

Ande: Ich bedanke mich auch.

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

Ich bin durch meine Eltern bereits mit Rockmusik aufgewachsen. Da mein Vater als Tontechniker unterwegs war, habe ich recht früh gelernt, was gute Musik ausmacht und ob eine Band vor allem live gut klingt. In der Teenie-Phase mischte sich dann zu dem bis dato englischen Rock und Punk Genre immer mehr der Deutschrock in meine CD Sammlung und dieser Linie bin ich bis heute treu geblieben. Prinzipiell ist mir der Stil egal, Hauptsache, ich höre Gitarre, Bass und Schlagzeug.

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