Anzeige

Böhse Onkelz Kneipenterroristen Neuaufnahme – Albumreview

-

Mütter sperrt die Töchter ein und rettet euren Sohn, das muss die neue Onkelz sein! Naja, nicht ganz. Die Platte erschien bereits vor genau 30 Jahren, auch an einem 10. Oktober. Nun erstrahlt sie in neuem Glanz, das Cover aus der Watchmen-Comicreihe ist geblieben. Hat sich die Neuaufnahme gelohnt? Ist die legendäre „Kneipenterroristen“ nun besser oder einfach nur anders? Wir haben uns die Neuaufnahme einmal ganz genau angehört…

1. Kneipenterroristen 3:48
2. Religion 3:41
3. Lack und Leder 4:16
4. So sind wir 3:41
5. Tanz der Teufel 4:07
6. 28 4:20
7. Guten Tag 4:29
8. Nie Wieder 4:14
9. Freddy Krüger 4:06
10. Ein guter Freund 2:49

(Bonustracks auf Kneipenterroristen…)

11. Könige für einen Tag 4:05
12. Lügenmarsch 4:18

Gesamtlaufzeit: 47:54

Die Tracks

Die einzelnen Songs der CD heben sich kompositorisch kaum bis gar nicht, zumindest nicht merklich vom 30 Jahre alten Original ab. Auffallend ist natürlich die ungewohnt gute Aufnahmequalität, die den Songs wirklich gut getan hat und die Freude an fast schon totgehörten Onkelz-Hymnen mühelos wieder aufleben lässt. Zusätzlich zur Aufnahmequalität haben die Onkelz jedem Song natürlich ein leicht abgewandeltes Gewand verpasst. Doch keine Sorge! Unsere geliebten Onkelzsongs wurden hierbei alles andere als in Mitleidenschaft gezogen…

Beispielsweise im Titeltrack „Kneipenterroristen“ fällt im Refrain direkt ein mittels Bottleneck gespieltes Gitarrenglissandi auf, welches sich über die Spieldauer des Songs immer wiederholt und dem Gassenhauer eine gewisse Frische verleiht.

Wer tatsächlich Bange davor haben sollte, Kevins aktuelle Stimme könne den Spirit der Scheibe in irgendeiner Weise negativ beeinträchtigen, der irrt gewaltig! Das beste Beispiel dafür ist der zweite Song der CD „Religion“. Natürlich, vor den besagten 30 Jahren klang alles, besonders Kevin sehr rotzig und dreckig, eben so wie es sein sollte… ein richtiger Onkelzfan möchte das natürlich nicht missen und kann mit beruhigter Miene auf „Play“ drücken. Auch in der Neuaufnahme brüllt Kevin wie gewohnt in das Mikrofon und hinterlässt eine langanhaltende Gänsehaut beim Hörer.

Feuchte Träume in der Nacht, mir ist furchtbar heiß. Mein Laken ist ein Wäscheknäul, ich bade mich in Schweiß(…)“, auch im dritten Song „Lack und Leder“ führt Herr Russell dieses Prinzip wunderbar weiter und überzeugt gesanglich auf ganzer Linie.

So sind wir“. Tja, mit der Veröffentlichung des 5. Studioalbums der Onkelz in 1988 ging es dann auch langsam los mit der medialen Aufmerksamkeit und Verzerrung von Tatsachen. Damit hatten selbst die Onkelz, zumindest in diesem baldigen Ausmaße, wahrscheinlich nicht gerechnet. Schon damals wurde visionistisch von „Böhsen Menschen“ und „Böhsen Liedern“ gesprochen. Die Textzeile stammt ursprünglich aus „Keiner wusste wie’s geschah“ vom Album „Böse Menschen, böse Lieder“, das drei Jahre früher unter dem Label Rock-O-Rama erschien. An sich hat sich in der Neuaufnahme von „So sind wir“ und auch im Folgesong „Tanz der Teufel“ nichts großartig verändert, außer dass sie beide deutlich besser klingen und trotzdem nicht ihren Charme verlieren.

Der auch als Intro genutzte Track „28“ ist ein reines Instrumental, dass musikalisch die Geschehnisse von Party mit Freunden, Drogenkonsum und die damit einhergegangene Stimmung in Kevins Wohnung in der Weberstraße 28 in Frankfurt darstellen soll. Ein tendenziell eher düsteres Gefühl, dass 28 uns da vermittelt…

In einem Interview hatte Weidner einmal verraten, dass er wohl ein großer Fan von alten Horrorkamellen ist und verlieh der fiktiven Figur „Freddy Krüger“ eine eigene Komposition im gepflegtesten Stil der Onkelz. Zum Song existiert tatsächlich auch eine Art Musikvideo, das 1989 bei Tele 5 ausgestrahlt wurde und die Band beim Performen des Titels auf den Dächern Münchens zeigt:

Schaue jetzt das Video zu “Freddy Krüger

Ein guter Freund“ war ursprünglich ein Bonus-Track aus der alten „Kneipenterroristen“ und ist lediglich eine Coverversion eines Liedes aus dem Film „Die Drei von der Tankstelle“. Der Text und die Musik stammt also von keinem der vier Onkelz. Um ganz ehrlich zu sein, hätte man sich diesen Track auch ganz weglassen können. Er hat nichts onkelzaffines, außer dass sie ihn eben gespielt haben.

Fazit:

Grundsätzlich sprechen wir auch für die älteren Semester aus den Reihen der Onkelz-Fans, wenn wir sagen, dass die alten Onkelz-Silberline einfach wahnsinnig schwer zu toppen sind. Grund dafür ist neben dem Talent der Band zugegebenermaßen eben auch die Zeit, in der sie erschienen sind. Onkelz war etwas Neues, Onkelz kam zu einer segensreichen Zeit und Onkelz bedienten ein eigens kreiertes Genre, dass es schaffte Menschen jeden Standes, doch hauptsächlich die der Arbeiterklasse, zu begeistern. Keine Band der Welt wird auch nur ansatzweise eine vergleichbar erfolgreiche Karriere wiederholen können. Das ist nunmal der Zeit zu verdanken, in der die Böhsen Onkelz begonnen haben, Musik zu machen und nicht nur der populistisch geprägten Propaganda der Medien, die unaufhörlich und teils völlig unreflektiert Halbwahrheiten über eine Band veröffentlichten, die sie nicht verstehen und auch nicht verstehen wollten.

Zum 30. Geburtstag der Platte ein Remaster zu veröffentlichen, birgt wie so oft bei den Onkelz Streitpotenzial unter den Fans. „Die alte Aufnahme hört sich eh besser an“, „Das ist kein Onkelz mehr“ oder „Das ist nicht mehr Kevins Stimme“ sind nur drei von etlichen unqualifizierten Kommentaren im Netz von Leuten, die sich Onkelzfan, -supporter oder wie auch immer schimpfen.

Fakt ist, die Neuaufnahme der Kneipenterroristen genießt eine absolute Daseinsberechtigung und ist durchaus gut gelungen. Hiermit beseitigen wir gerne die vorangegangenen Zweifel und möchten an die Voreingenommenheit und die teilweise nicht mehr gerecht zu werdenden Erwartungen der Fans appellieren.

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

Könnte dich auch interessieren

Ähnliche Beiträge