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HAMMERHEAD – NACHDENKEN ÜBER DEUTSCHLAND – VÖ 09.02.2024

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Seit 1989 halten HAMMERHEAD dem schnörkellosen Oldschool Hardcore Punk die Stange. Ganze 26 Jahre nach dem letzten Album WEISSES ALBUM gibt es neuen Hardcore aus dem Raum Bonn. NACHDENKEN ÜBER DEUTSCHLAND, so der kritisch tönende Name. Zwischenzeitlich aufgelöst, rauften sich die Herren wieder zusammen und nachdem Gitarrist Norbert die Band 2021 verließ, fand man mit David von KMPFSPRT einen vollwertigen Ersatz. Am 09.02.2024 soll nun der neue Longplayer über Holy Goat Records veröffentlicht werden.

Tracklist

  1. Kinderstrafe
  2. Autofahrerhose
  3. Im Sommer
  4. Alle pissen an den Dom
  5. Weg von da
  6. Ich bin noch ganz der Alte
  7. Bong und Billis
  8. Wozu sind Kriege da?
  9. Verschiedene Musiken
  10. Spaß und Politik
  11. Der Zukunft zugewandt
  12. Der Schlossbesitzer
  13. Die Leute und ich
  14. Krüppelmann

Bis hierher und nicht weiter 

Allen Interessierten an dieser Plattenkritik und vor allem an diejenigen, die bis hier gelesen haben, denen sei gesagt, danke. Denn, wer gerne im seichten Fahrwasser des Rock schwimmt und gerade noch so den kurzen Growls verschiedener Crossover Bands etwas abgewinnen kann, der darf ab diesem Punkt gerne den Tab schließen. Denn es wird heftig. Schluss mit lustig und trallala. Willkommen im deutschen NY-Boston. Das merkt ihr schon beim Song „Kinderstrafe“, in dem zwar textlich gegeizt, aber musikalisch die Hardcore Messlatte angelegt wird. Da haben HAMMERHEAD in all den Jahren nichts verlernt.

Pressefoto: Marc Gärtner

Kritisch auf die eigene Szene

Es klingt fast surreal. „Autofahrerhose“ heißt Track Zwei. Den Wahnsinn Auto fahren machen HAMMERHEAD in diesem Song zum Thema und erschaffen sich mit eingetragenen Automarken, Politikern und dem bekanntesten Abschleppservice Deutschlands ein Feindbild. Dass sie nicht nur gegen andere hetzen können, sondern auch sehr selbstironisch oder kritisch gegenüber Dingen stehen können, beweisen sie mit „Im Sommer“. Fantastisch und sehr einleuchtend für mich ist ihre Kritik an den Festivals. „Im Sommer am Arsch der Welt, wird Geld verdient“ heißt es. Dann: „Mischkalkulation am Merchstand. Alle warten auf „Gotta Gotta Go“ (Anm.: Song von Agnostic Front), Sonnenstich am Dixi-Klo.“ Denken wir einmal nach: das ist in der Essenz so nicht verkehrt. Eben wie man es sehen will.

Mehr pack ich nicht mehr

„Alle pissen an den Dom“ war die zweite Singleauskopplung aus NACHDENKEN ÜBER DEUTSCHLAND und lässt mich darüber nachdenken, dass HAMMERHEAD musikalisch dem Hardcore frönen aber lyrisch dem Politik Punk doch eher zuzuordnen sind. Schon wieder wird textlich gewettert und das nicht mal sinnvoll. „Weg von da“ lässt mich in der ersten Strophe dann doch wieder hoffen und der Titel macht auch musikalisch Laune. Ungewohnt rhythmisch startet „Ich bin noch ganz der Alte“, was dann nach einem Brüller von Sänger Tobias binnen Sekunden zerschlagen wird. 34 Sekunden kann man der Musik noch ganz gut folgen. Die darauffolgenden 14 Sekunden sind einfach nur etwas für Mitglieder des Vereins Knüppel aus dem Sack. Ich lasse diese 14 Sekunden immer und immer wieder durchlaufen und jetzt tut es sich mir auf. In mir kommen starke Erinnerungen an den Vinyl Sampler HARDCORE HOLOCAUST hoch, bei dem unter anderem erste Aufnahmen von Napalm Death und Extreme Noise Terror zu hören waren. Zufrieden über meine Erkenntnis grinse ich in mich hinein, um dann festzustellen: mehr als 14 Sekunden davon pack ich nicht mehr. Dennoch hat der Titel eine schöne Aussage. Jeder möchte gerne jung bleiben und weiterhin das erleben, was er in jungen Jahren erlebt hat. Doch können wir die Zeit nicht anhalten.

Die Kehrseite der Medaille 

Jetzt kommen HAMMERHEAD doch noch so richtig überzeugend rüber. „Bong und Billis“ und auch „Wozu sind Kriege da“ legen dar, dass hier produktiv sozialkritisch getextet wird und eine Musik mit knalligen Straight Edge Attitüden abgeliefert wird. Eine kleine Zeitreise in die 1990er für mich. Eine Musiklektion gibt es  „Verschiedene Musiken“. Wichtig dabei: Text parat haben. Witziges Teil. Punkrockig beginnt mit „Spaß und Politik“ und bricht damit aus dem ganzen Konzept des Albums heraus und bleibt auch im weiteren Songverlauf sich selbst treu.

Warum erst jetzt?

Wirklich anständig geht es mit „Der Zukunft zugewandt“ weiter und die Krönung der Schöpfung für dieses Album ist „Der Schlossbesitzer“. Hier wird der Aktivist der Neuen Rechten, Götz Kubitschek, knallhart verurteilt. Der typische HAMMERHEAD Sound trägt dazu sein Bestes bei. Extrem basslastig geht es auf die Zielgerade mit „Die Leute und ich“. Verständlicher war noch kein bisher gehörter Text von HAMMERHEAD. Ironisch nehmen sie sich auf die Schippe und halten sich für die Geilsten. Den Abschied feiern wir mit „Krüppelmann“. Der einzige Song im Midtempo, der zudem noch aufgrund seines Themas sehr düster herüberkommt, lassen wir unkommentiert so stehen.

Fazit

Prinzipiell absolut krank, was HAMMERHEAD mit NACHDENKEN ÜBER DEUTSCHLAND abgeliefert haben. Weit ab von Mainstream und Kommerz. Von Anfang bis Ende eine musikalische Reise in die Vergangenheit, die für mich jedoch erst ab Titel Nummer sechs so richtig beginnt. Bis dahin muss ich meinen Sitz in aufrechter Position und mich angeschnallt lassen. Dann aber kann ich mich so richtig mit Sonne, Liege und Cocktailschirmchen auf die Musik und auch auf die Texte einlassen. Lust auf Hardcore der alten Schule? Dann könnt ihr hier bestellen: Hammerhead – Nachdenken über Deutschland | Hammerhead | Holy Goat Records (bandcamp.com)

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

Mit Baujahr 1976 nicht mehr so ganz jung, bin ich im Herzen der Republik, in Anhalt aufgewachsen.

Mit 19 Jahren zog es mich nach Baden-Württemberg. Aufgewachsen mit Heavy Metal à la Metallica, Slayer und Kreator etc., pubertierte ich mit dem Punk, bis ich dann mit dem New York Hardcore erwachsen wurde. Es gilt: Ob Metal oder Punk, in deutsch oder englisch, Hauptsache mir gefällt´s.

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