Interview mit Erdling

Foto: Tamara Mack

Das neue Album BESTIA

Erdling stehen mit ihrem neuen Album BESTIA in den Startlöchern. Bevor ihr unsere Review zu lesen bekommt, haben wir Frontmann Neill zum Interview gebeten.

VRR: Knapp zwei Jahre nach HELHEIM erscheint das neue Erdling-Werk. Wo liegt für euch der größte Unterschied und wo die größte Gemeinsamkeit zwischen den beiden Alben?
Neill: HELHEIM war ein Album, das ich im Alleingang unter Lockdown-Bedingungen komponiert habe. Die gesamte Produktion lief über Teleworking, was ziemlich ungewohnt war. Diese Art von „Desperation“ hört man aus dem Album, wie ich finde, auch heraus. Allerdings nicht im negativen Sinne. Die Scheibe schreit förmlich vor Verzweiflung und sie hat meine Gefühle als Musiker in dieser seltsamen Zeit gut eingefangen. BESTIA dagegen ist ein wirklich neues Kapitel, das in Präsenz-Teamwork entstanden ist, also das exakte Gegenteil. Und das ist auch der größte Unterschied. Wir haben ganz klassisch mit fünf Leuten im Studio gesessen und an den Songs gearbeitet. Neuerdings habe ich auch Aspekte des Songwritings den anderen mit überlassen. Beide Alben haben aber eins gemein: sie sind definitiv waschechte Erdling-Platten, die unseren inzwischen klar definierten Grundsound haben.

VRR: Wie geht es euch kurz vor Release eures sechsten Albums?
Neill: Wir sind nervös, denn die Veröffentlichung ist direkt am Tour-Auftakt. Das ist zwar nichts Ungewöhnliches, aber wir waren fast drei Jahre lang ziemlich ausgebremst und scharren förmlich mit den Hufen. Es ist wirklich, als hätten wir die ganze Zeit über nur an der Beschwörung dieser einen BESTIA gefeilt, um sie an einem Tag mit vollem Karacho loszulassen. Wir springen ins kalte Wasser und freuen uns tierisch darauf, auch wenn wir wissen, dass uns eine sehr anstrengende und arbeitsintensive Zeit bevorsteht.

„Das muss mehr ballern!“

VRR: Welchen Anspruch habt ihr an das sechste Album gehabt?
Neill: „Das muss mehr ballern!“, sagten unsere neuen Gitarristen Valy & Max noch zu mir, als wir die ersten Sessions zu BESTIA eingeläutet haben. Max hat als jemand, der aus der Post-Hardcore-Schiene kommt, mit seinen Riffs und Shouts den ganzen Erdling-Sound noch einmal gehörig aufgepustet, während Valy raffinierte Lead-Gitarren hat einfließen lassen. Unser Drummer Chris, der schon bei HEILHEIM dabei war, ist zudem ein Metal-Schwein und deshalb hat das einfach richtig gut gepasst. Unser Anspruch ist generell, immer etwas besser zu sein als beim letzten Mal und ich denke, das hat gut funktioniert.

VRR: Würde ich auf jeden Fall unterstreichen, dass das funktioniert hat. Wie sieht der typische Schreibprozess bei Erdling aus?
Neill: Den gibt es nicht, vor allem inzwischen nicht. Wir sind in Sachen Songwriting absolute Chaoten und genau das lieben wir daran. Mal kommt erst ein Text-Fetzen, vielleicht auch mal eine Melodie, oder es steht ein Riff zuerst. Wir fangen mit einem essenziellen Puzzleteil an und bauen es dann langsam aus. Bei BESTIA haben wir sogar hier und dort ganze Parts zwischen den Songs ausgetauscht. Das war ein irrer Prozess mit irren Resultaten (vgl. „Katharsis“, dessen Breakdown ursprünglich zu „Deus“ gehörte).

VRR: Was können die Fans in diesem Jahr noch erwarten? Wie geht es weiter nach dem Release?
Neill: Wir sind zum Album-Release direkt auf Tour und spielen uns die Hinterteile wund. Danach sind wir noch auf den Merseburger Schlossfestspielen sowie der USF-Cruise auf der MS RheinEnergie zu sehen. Ansonsten bereiten wir uns bereits auf 2024 vor, wo wir ins zehnjährige Bandjubiläum einsteigen.

VRR: Wieso sollten unsere Leser die Tour nicht verpassen?
Neill: Weil unsere Tourdates rar sind und das ist eine bewusste Entscheidung. Anstatt jedes Jahr zwei ausgedehnte Tourneen zu spielen, konzentrieren wir uns grundsätzlich auf wenige und zielgenau gesetzte Dates, die wir zum Spektakel machen möchten. Nach der BESTIA x HELHEIM Tour steht ein ruhiger Sommer ins Haus, in welchem wir bereits an den nächsten Schachzügen feilen. Die beste Gelegenheit, uns nach der Coronazeit mit einer Fulltime Show zu sehen, ist also jetzt.

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Manche Songs machen einfach nur Spaß

VRR: Welcher Song hat euch während der Arbeit am Album am meisten Spaß gemacht und auf welchen Song freut ihr euch am meisten, ihn live zu spielen?
Neill: „Deus“ war der Song, der uns im Studio am meisten umgetrieben hat. Manchmal saßen wir stundenlang im Studio und haben das Riff herauf- und heruntergehört, weil es uns einfach so gut gefallen hat. Ich denke, jeder Musiker kennt es, wenn Songs einfach Spaß machen und man sie andauernd wieder anhören will, um sich den nächsten Schritt zu überlegen. Live freuen wir uns am meisten auf „Bestia“, weil wir hier schon beim Proben gemerkt haben, dass diese Nummer auf der Bühne eine ziemliche Säge sein kann. Wir geben uns auf jeden Fall allergrößte Mühe.

VRR: Ihr habt euch 2021 neu formiert, wie habt ihr zusammen gefunden?
Neill: Ich war nie zögerlich dabei, auch einmal eine aufwühlende Entscheidung zu treffen, denn ich wünsche mir immer möglichst Gleichgesinnte um mich herum. So ging es uns eben auch 2020/2021, als sich einige Lebensschwerpunkte verschoben haben, was auch völlig normal und in Ordnung ist. Valy habe ich aus einer Idee heraus gefragt, ob sie vielleicht Zeit hätte. Ich kenne sie schon seit vielen Jahren und habe schon 2013 bei ihr ein Wohnzimmerkonzert mit einer anderen Band gespielt. Sie brachte gleich Max mit und es ist absolut spektakulär, wie gut wir alle inzwischen harmonieren und an einem Strang ziehen.

Sonnencreme – das wichtigste in Südtirol

VRR: Ihr habt 2022 auf der Flairstage beim Alpen Flair gespielt. Wie war es für euch, im Land der tausend Berge aufzutreten?
Neill: Fantastisch! Allein die Fahrt zum Festivalgelände war wirklich atemberaubend und wir hatten wahnsinnig viel Glück mit dem Wetter. Ein bisschen zu viel Glück sogar, denn wir hatten alle einen ganz schrecklichen Sonnenbrand. (lacht) Die Zuschauer waren total gut gelaunt und wir hätten nicht damit gerechnet, so herzlich in Südtirol empfangen zu werden. Gerne jederzeit wieder. Dann nehmen wir auch Sonnencreme mit.

VRR: Ja, das mit dem Sonnenbrand kenne ich zu gut. Solltet ihr diese beim nächsten Mal doch vergessen, kommt auf mich zu. Mir passiert das nicht mehr. Was habe ich euch nicht gefragt, dass ihr uns aber gerne noch erzählen möchtet?
Neill: Ich möchte mich für die unglaubliche Unterstützung bei all unseren alten und neuen Fans bedanken, die uns in den letzten Jahren zuteilwurden. Ohne unsere Fans hätten wir die Coronazeit nicht überstanden und wären auch nicht in der Lage gewesen, unsere BESTIA vollends zu beschwören. Was mit uns passiert, ist nicht selbstverständlich und wir freuen uns auf die Zukunft!

VRR: Wir freuen uns auch auf eure Zukunft und wünschen euch alles Gute für den anstehenden Release von BESTIA

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

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Crew | Redaktion

Ich bin durch meine Eltern bereits mit Rockmusik aufgewachsen. Da mein Vater als Tontechniker unterwegs war, habe ich recht früh gelernt, was gute Musik ausmacht und ob eine Band vor allem live gut klingt. In der Teenie-Phase mischte sich dann zu dem bis dato englischen Rock und Punk Genre immer mehr der Deutschrock in meine CD Sammlung und dieser Linie bin ich bis heute treu geblieben. Prinzipiell ist mir der Stil egal, Hauptsache, ich höre Gitarre, Bass und Schlagzeug.