Review Eisbrecher – Ewiges Eis – VÖ 05.10.2018
Etwas später als gewohnt stellen wir euch heute Eisbrechers 15 Jahre – Jubiläumsalbum „Ewiges Eis“ vor. Nach zwei Vergoldungen und 4 Wochen #1 der deutschen Albumcharts im vergangenen Jahr, folgte nun am 05.10.2018, die Veröffentlichung des neuen Werks der „Neuen Deutschen Härte“ – Gruppierung aus Bayern. Mit genretypisch düsterer Stimmung und der gewohnt bestens umgesetzten Metaphorik nehmen sie uns mit auf eine Reise durch eineinhalb Jahrzehnte Bandgeschichte. 38 Songs, darunter eigens produzierte Remixe, wurden im etablierten Mix aus harten rockigen Klängen und Elementen, die zum Teil an die „Neue Deutsche Welle“ erinnern, zu einer Platte zusammengefügt, die den Erfolgen der letzten Jahre ebenbürtig ist.
Tracklist
1. Menschenfresser
2. Was ist hier los?
3. Das Gesetz
4. Wo geht der Teufel hin?
5. 1000 Narben
6. Rot Wie Die Liebe
7. Zwischen Uns
8. Prototyp
9. Verrückt
10. Die Hölle Muss Warten
11. Eiszeit
12. Amok
13. Kann Denn Liebe Sünde Sein?
14. This Is Deutsch
15. Leider
16. Vergissmeinnicht
17. Schwarze Witwe
18. Willkommen Im Nichts
19. Himmel, Arsch und Zwirn (Live im Circus Krone – Single Edit)
20.Miststück 2012
21. Eisbär
22. Schwarze Witwe (2018)
23. Adrenalin (2013)
24. Eisbrecher (2013)
25. Metall
26. Wenn Zeit die Wunden heilt
27. Zu Leben
28. Süsswasserfisch
29. Ozean
30. Das steht dir gut
31. Eiskalt Erwischt
32. Kein Wunder
33. Zeit
34. This Is Deutsch (SITD-Remix)
35. Miststück (Clawfinger Remix)
36. Rot Wie Die Liebe (Neuroticfisch Remix)
37. Automat (Aesthetic Perfection Remix)
38. Was ist hier los? (Die Krupps Remix)
Als Opener der Scheibe dient „Menschenfresser“. Mit hartem Rhythmus wird in die Abgründe des Menschseins geblickt. Es wird ein Gleichnis geboten, welches verdeutlicht, dass es nicht nur in den niederen Gesellschaftsebenen („Menschfresser schaffen es bis zum Präsidenten“), oder erst seit der finsteren deutschen Geschichte („Menschenfresser sind nicht nur blond und arisch […] Menschenfresser gibt’s nicht erst seit 33“), Verbrechen gegen die Menschlichkeit existieren, sondern in allen menschlichen Ebenen, seit Anbeginn des sozialen Lebens („Menschenfresser sind meist ganz ganz liebe Väter“).
Kritisch und Direkt
Weitergeführt wird die Kritik der Gesellschaft mit „Was ist hier los“ und „Das Gesetz“. Es wird ein strafender Blick auf den allmächtigen Staat und die katatonische Gesellschaft geworfen, die alles ohne größeren Widerstand über sich ergehen lässt. Die Zeilen „Ich hab Freunde, ich bin nicht sozial. Ich habe Werte und keine Moral. Egal. Ich bin der, vor dem dich alle warnen. Ich bin das Gesetz […] Ein Sucher und Finder, ein Blender und Blinder. Ich glaub Du hast mich unterschätzt. Ich bin, ich bin das Gesetz“ und „Wie kann es sein, dass das hier keinen interessiert? Was ist hier los? -was? Was ist passiert? -was? Soll das so sein, dass hier rein gar nichts funktioniert?“ verdeutlichen den Unmut Einzelner, jedoch auch das fehlende Aufbegehren der Menschen.
Eigenreflexion
Ab vom Tadeln des menschlichen Zusammenlebens, wird mit „1000 Narben“ auch Eigenreflexion betrieben. Passend zum Jubiläum forschen Eisbrecher in ihrer Vergangenheit und lassen sowohl die guten, sowie die schlechten Zeiten Revue passieren. Es wird sich an Opfer erinnert, die gebracht werden mussten und Verletzungen, die einen das Leben lang begleiten. Ohne Reue werden diese in Kauf genommen, um dort zu stehen, wo sie heute angekommen sind. „1000 Narben auf meiner Haut. Ich habe keine einzige bereut. Und wir zählen die Wunden, es hört nie auf. Jede ist ein Meisterwerk. Jede Narbe zeichnet uns aus.“
Auch Herzensangelegenheiten dürfen nicht fehlen. „Zwischen uns das Meer – Ich trink’ es einfach leer. Zwischen uns die Zweifel – Ich räum’ sie alle aus. Zwischen uns die Wände – Ich hab’ ‘ne harte Faust.“ Mit „Zwischen uns“ wird eine Hardcore-Romantik-Ballade durch die Boxen gedrückt, die wohl bei jedem Fan-Pärchen, trotz der harten Klänge, für die eine oder andere Umarmung sorgen wird. So ganz können die Bayern aber nicht von den mahnenden Worten ablassen. So halten noch weitere, sehr kritisch gehaltene Texte über Kirche, Unterdrückung durch die gesellschaftlichen Normen und die weltweite Kriegspolitik, Einzug in ein titelreiches Album.
Weiterhin werden auch makabere Themen behandelt wie masochistische Veranlagungen in „Schwarze Witwe“ oder auch alltägliche Situationen wie Angeln in „Süsswasserfisch“. Was nicht fehlen darf, ist eine Abrechnung mit den von Zeit zu Zeit unterschwellig aufkommenden Vorwürfen, dass auch Eisbrecher eine „rechte“ Band seien. Mit „This is Deutsch“ ist eine musikalische Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit geglückt, die eine klare Distanzierung von dieser darstellt. Auch so gelingt die Konfrontation mit den haltlosen Vorwürfen.
Fazit:
An ein Anschließen an die Erfolge der letzten Jahre ist kaum ein Zweifel zu hegen. Mit ihrem umfangreichen Album mit bewährter musikalischer Untermalung bieten Eisbrecher ihren Fans ein schönes Geschenk zum 15jährigen Bandbestehen. Sie zeigen, dass sie in all den Jahren ihr Handwerk nicht nur verfeinert, sondern so gut wie perfektioniert haben. Die kritischen und zum Teil sehr einfach gehaltenen Vierzeiler – Reime, die alle Bereiche des sozialen Zusammenlebens abdecken und auch Themen, die an der Grenze des guten Geschmacks kratzen, lassen nachdenken, schmunzeln und das eine oder andere Mal in sich selbst hinein hören. Durch die weitreichenden metaphorischen Stilelemente werden dem Hörer auch gewisse Freiheiten der Interpretation gelassen, über die ausgiebig diskutiert werden kann.
Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:
Über mich: 28 Jahre jung, wohnhaft im Herzen der Republik in Sachsen-Anhalt, begeisterter Deutschrocker und Festivalgänger.
Angefangen bei Vollgas Richtung Rock habe ich als Schreiberling in der Redaktion. Schnell fand ich aber auch Spaß an anderen Wegen der Berichterstattung. So bin ich seit einiger Zeit auch in dem einen oder anderen Bühnengraben mit der Kamera in der Hand vertreten.
In meinem bürgerlichen Leben verdiene ich mir meine Brötchen als Pflegegutachter im Mansfelder Land.