Rock-Dein-Leben – Crewlife #3

Endlich! Endlich war sie da! Die lang erwartete Festivalsaison 2022 fand für Eizbrand, und demnach natürlich auch für mich, ihren Startschuss in Laichingen beim Rock-Dein-Leben und die Vorfreude konnte gewiss nicht größer sein. Warum der Konzerttag für mich dann plötzlich ein abruptes Ende fand erzähle ich euch später. Fangen wir der Reihe nach an. 

Tour Feeling 

Nachdem die ersten Konzerte dieses Jahr alle relativ nah am Ausgangspunkt Duisburg stattfanden, stand dieses Wochenende die erste große Fahrt in den Süden Deutschlands an. Die Treffpunktzeiten waren bisher mit 9:00 Uhr und 11:00 Uhr völlig human, nun musste sich das Team bereits um 5:00 Uhr morgens am Proberaum zum Laden einfinden. Zum Glück blieb ich von dieser Uhrzeit gänzlich unberührt, denn als „Einhorn” der Crew wohne ich im Raum Frankfurt und die Route führte unmittelbar bei mir vorbei. Somit kam ich in den Luxus, dass ich um 8:00 Uhr bei Schlagzeuger Sascha und seiner besseren Hälfte und Neu-Mercherin Lisa nur zusteigen musste. Da Sascha bis zu mir schon gut drei Stunden Autofahrt hinter sich hatte, war es für mich natürlich Ehrensache, für den Rest der Route das Steuer in die Hand zu nehmen. Auf geht’s also zum Rock-Dein-Leben!  

Das Festival (von hinten) 

Zum ersten Mal durfte ich nun ein großes Festival aus dem Backstage heraus betrachten und war natürlich entsprechend neugierig. Das Festivalgelände befand sich auf einem Flugplatz und dessen Hangars wurden kurzerhand zu den Backstage Bereichen umfunktioniert. Somit konnte man beim Betreten des vorderen Hangars das Catering mit zahlreichen Biertischgarnituren erblicken. Getrennt war dieser Hangar in der Mitte mit einem schwarz abgehängten Bauzaun, wohinter sich dann der eigentliche Backstage Bereich für die Künstler und der Bühnencrew befand. Der Zugang zu diesem Bereich wurde mit farblich unterschiedlichen Bändchen geregelt. Hinter dem Zaun fand man eine Art Lounge mit drei Kabinen vor, die für jede Band zeitlich eingeschränkt nutzbar waren. Jeweils 30 Minuten vor und nach der jeweiligen Spielzeit von Band X, hatten die Künstler somit vor und nach dem Gig einen eigenen Bereich um sich zurück zu ziehen.  

Das Catering hatte lokaltypische Spezialitäten zu bieten, wie z.B. Maultaschen, Spätzle und Geschnetzeltes. Alles frisch zubereitet und ich kann euch sagen, unfassbar gut und lecker. Außerdem standen jederzeit Obst und Getränke bereit, an denen man sich nach Herzenslust bedienen konnte. Im hinteren Backstage Bereich konnte ich auch ein kühles Bier finden. Hunger und Durst musste man jedenfalls nicht erleiden, zumindest wenn man als Crew mit dem entsprechenden Bändchen ausgestattet war. Aber dazu verliere ich am Ende noch ein paar Worte.  

Der Aufbau 

Ich konnte mich das erste Mal über die zusätzlichen Hände von Bühnenhelfern freuen, die sämtliches Equipment zum Einsatzort transportierten. Super Sache. Darüber hinaus arbeitete Rock-Dein-Leben im Wechsel mit zwei Festivalbühnen, wodurch die Umbaupausen etwa doppelt so lang wie üblich waren. Darüber war ich sehr froh, denn nachdem ich den Aufbau von Saschas e-Drum Set schon gut verinnerlicht hatte, stand ich nun vor der Herausforderung, sein Akustikset zu montieren, mit dem er die ganze Saison spielen würde. Problem dabei: Hatte ich noch nie gemacht. Alles, was ich hatte, waren erstellte Fotos vom Vorabend, an dem noch mal geprobt wurde. Nichtsdestotrotz habe ich mich natürlich der Herausforderung gestellt. Um es kurz zu machen: Ich hatte deutlich mehr Probleme damit als mit dem e-Drum Set. Ich habe zu lange gebraucht und Fehler am Set gemacht, weshalb Sascha mit nur drei statt der eigentlich vier Toms spielen musste. Insgesamt stand das Set auch eher suboptimal.  

Durch meinen langen Aufbau fand der Linecheck erst wenige Minuten vor Konzertbeginn statt und auch der verlief nicht optimal. Am Ende musste Eizbrand den letzten Song streichen und das ging wohl auf meine Kappe, auch wenn mir das von den Jungs niemand vorwarf.  

Ich ärgere mich heute noch über mich selbst und glaube, ich bin darüber wohl als Einziger richtig wütend. Ich muss besser und schneller werden. Natürlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, aber ich fahre nicht mit den Jungs mit, um auf deren Deckel eine geile Zeit zu haben, sondern um alles so perfekt zu machen, dass die Show für alle ein Highlight wird. Das ist der Anspruch an mich selbst, und das am Ende die Zeit nicht ausgereicht hat, darf mir kein zweites Mal passieren. Das sagt nicht Eizbrand, sondern ich.  

Worst Case 

Dass der Tag noch schlimmer werden sollte, ahnte ich zu dem Zeitpunkt noch nicht. Bevor man als Vater von drei Kindern den Schritt in eine Crew wagt, fragt man sich natürlich: “Was ist, wenn etwas passiert, während man nicht da ist?” Die Frage wurde mir leider gleich beim ersten Festival beantwortet, denn bei meinem einjährigen Sohn kam es in meiner Abwesenheit zu einem medizinischen Notfall. Durch den überaus schlechten Handyempfang vor Ort erreichte mich die Nachricht erst gut vier Stunden später. Meine Frau befand sich da schon längst im Krankenhaus und meine Tochter bei den Nachbarn. Geschockt habe ich Sascha und Lisa, bei denen ich mitgefahren bin, die Situation geschildert und sie zögerten keine Sekunde die Sachen zu packen und aufzubrechen. 15 Minuten später saßen wir im Auto Richtung Heimat und ich konnte um ca. 0 Uhr meine Dreijährige bei den Nachbarn abholen.  

An der Stelle möchte ich mich bei allen für ihr Verständnis und ihre Sorge um meinen Sohn bedanken. Mein Sohn ist mittlerweile wieder zu Hause und auf dem Weg der Besserung. Die zahlreichen Genesungswünsche, die mich stellvertretend für meinen Sohn an diesem Wochenende erreichten, haben ihre Wirkung nicht verfehlt. Ich kann nur hoffen, dass so etwas nie wieder geschieht, und ich wünsche wirklich niemanden eine ähnliche Situation: Hundert Kilometer weit weg eine verdammt gute Zeit zu verbringen, während das eigene Kind im Krankenwagen auf dem Weg ins Krankenhaus ist. Ob und wie weit mich das in der Zukunft noch mental begleitet, wird sich zeigen. Ich bin mir aber sicher, dass mich erst mal Bauchschmerzen auf den nächsten Touren begleiten werden. 

Fazit 

Rock-Dein-Leben war für mich der reinste Horror, wie ihr sicherlich nachvollziehen könnt. Trotzdem hoffe ich, dass es nicht mein letztes Mal war. Dieses Festival verdient mit der tollen Location, den absolut netten und zuvorkommenden Mitarbeitern und diesen herausragenden Fans vor der Bühne ein Wiedersehen, bei dem ich mit einem Lächeln das Festivalgelände verlassen werde.  

Ein klein wenig Kritik habe ich dennoch. Liebe Veranstalter, bitte gewährt auch den Merchern Zugang zum Backstage Bereich und damit vor allem zum Catering, denn sie wurden mit Bändchen ausgestattet, die den Zugang zum Catering nicht ermöglichten. Dabei sollten gerade sie nicht darauf verzichten müssen. Unsere Mercher waren mit An- und Abreise am selben Tag 26 (!) Stunden auf den Beinen. Ihnen brutzelte bei der Sonne selbst unterm Pavillon das Hirn weg, während sie nonstop im Getümmel der Fans waren. Sie verdienen einen Rückzugsort zum Essen und Trinken, ohne dafür auf Dritte angewiesen sein zu müssen. Die Mercher leisten von Anfang bis Ende eine Wahnsinnsarbeit und wenn meine Arbeit der Maßstab für eine warme Mahlzeit ist, dann haben sie drei verdient. Ich hoffe wirklich, dass diese Vorgehensweise von Veranstaltern allgemein überdacht und geändert wird. Die Crew ist eine Familie, und es ist schade, dass sie von extern offenbar in zwei Klassen unterteilt wird, was realitätsfremd ist. 

Autor: Carsten Hauseur (Crewlife)

Infos zu Carstens Projekt “Crewlife” findet ihr hier:

Crewlife – Behind the Scenes of Rock’n Roll

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