Wenn die Mauern uns Geschichten erzählen würden …
Neulich habe ich morgens in der Teeküche im Büro meine Cousine getroffen und ihr berichtet, dass ich abends auf ein Konzert im LKA in Stuttgart gehe. Verdutzt sah sie mich an und fragte, was ich denn auf einem Konzert im Landeskriminalamt wolle. Ich erklärte ihr, dass es sich um eine Konzert Location handele. Selbst neugierig geworden, befasste ich mich am nächsten Tag mit der Geschichte des LKA-Longhorn in Stuttgart und war überrascht, was diese Mauern bereits alles erlebt hatten. Neugierig wie ich bin, schaute ich noch bei anderen Locations, was die Geschichte zu bieten hat und habe euch hier ein paar interessante Orte aufgeführt.
Das LKA Longhorn
Unter dem Namen Longhorn Country & Western Saloon eröffnete Inhaber Thomas Filimonova im März 1984 das Gebäude und bediente damit das Bedürfnis des in Stuttgart stationierten US-Militärs nach einem amerikanisch geprägten Lokal. Ein bisschen Heimweh und Sehnsucht gehört eben überall dazu. Den Namen hatte der Saloon übrigens von der texanischen Rinderrasse Texas Longhorn. Schnell erlangte das Lokal internationale Bekanntheit und an den Wochenenden gehörten Live-Bands wie Truck Stop und Dave Dudley zum regulären Programm. Nur vier Monate nach der Eröffnung berichtete der Nachrichtensender CNN über das Lokal. Daraufhin reisten Besucher aus den USA nach Stuttgart, um das Lokal zu besuchen.
Ende 1984 veranstalteten US-Soldaten dort den bundesweit ersten öffentlichen Männer-Striptease – im Publikum waren keine Männer zugelassen. Die Behörden reagierten heftig auf diese Aktion und verhingen hohe Bußgelder gegen den Betreiber, weil in den Räumlichkeiten „nichtgenehmigungsfähige Personendarbietungen“ durchgeführt wurden. Dem Männer-Striptease nicht genug, folgten den US-Bürgern zur Freude weitere US-typische Veranstaltungen wie Oben-Ohne-Frauenboxen, Schlamm-Wrestling oder dem Wet-T-Shirt-Contest.
Drei Jahre nach Eröffnung wurden Konzertagenturen auf die Location aufmerksam. Mittlerweile traten viele Künstler im LKA auf und für viele gehört die Location fest in ihren Tourplan. Unter anderem waren bereits Frei.Wild, Unantastbar, Hämatom, Kärbholz, Der W, Fiddler’s Green, die Ärzte, Serum114, J.B.O., Gotthard, Nirvana, Doro, Nina Hagen und viele mehr zu Gast in der schwäbischen Location, deren Mauern so viel zu erzählen haben und deren Charme durch die vielen Tourplakate an Wänden, Decken und Böden auch nach kleineren Umbaumaßnahmen erhalten bleibt. Die heutige Abkürzung LKA steht für Longhorn-Kultur-Austausch.
Huxley’s Neue Welt Berlin
Diese Location findet ihren Ursprung in der ersten Erwähnung in einer Zeitung im Jahr 1880. Auch damals wurden für den Bierpalast schon Konzerte von Militärkapellen angekündigt und durchgeführt. Nach dem Ausbau zu einem Vergnügungspark und der Nutzung als Lazarett im ersten Weltkrieg fiel die Neue Welt im Frühjahr 1945 einem alliierten Luftangriff zum Opfer und konnte nicht mehr für Veranstaltungen genutzt werden. Ein Jahr später wurde der große Saal vor allem für Filmvorführungen und Boxkämpfe wieder in Betrieb genommen. In den sechziger Jahren kam eine Bowlinghalle dazu. Ebenso hielten Beat, Pop und Rock Einzug in die Neue Welt. Hier fanden Jimi Hendrix‘ erste Berlinauftritte statt.
Im Frühjahr 1982 wurde die Neue Welt geschlossen. Es dauerte zwei Jahre bis eine Renovierung begann. Der Versuch, das historische Erscheinungsbild zu erhalten, scheiterte. Zusammen mit einem Supermarkt entstand ein Saal, der von 1985 bis 1990 eine Rollschuhdisco beherbergte und seither unter dem Namen Huxleys Neue Welt für Konzerte mit bis zu 1.600 Besuchern genutzt wird.
Essigfabrik Köln
Im Kölner Stadtteil Deutz steht die Essigfabrik. Wie der Name schon verrät, handelt es sich hier um einen Produktionsstandort für Essigsäure und Weinessig, welche seit 1913 betrieben wurde. Direkt am Deutzer Hafen gelegen, hatte die Fabrik hier den perfekten Standort gefunden. Seit 1997 ist das betreibende Unternehmen auch in der Eventbranche tätig. Die beiden Hallen verfügen zusammen über 850m² Veranstaltungsfläche und fassen maximal 1.200 Besucher. Allein die größere Halle hat 635m² und bietet Platz für rund 800 Besucher. Neben zahlreichen Konzerten und anderen Events findet hier das Euroblast Festival regelmäßig statt.
Matrix Bochum
Ein auffallend großes Gebäude findet sich an einer der Hauptverkehrsstraßen in Bochum wieder: ein elfstöckiges Gebäude, welches das Kühlschiff eines 1806 erbauten Brauereigebäudes war. Im Winter 1978 wurde das Gebäude erstmals als Diskothek benutzt und trug unter dem Gründer, Fußballer Rolf Blau, den Namen Rockpalast. Seit einem Konzeptwechsel im Milleniumjahr 2000 trägt die Location den Namen Matrix. Damals war es die größte Diskothek in Bochum und wurde unter anderem durch die schwarze Szene bundesweit bekannt. Zudem wurden vier weitere Hallen, die alle vormals als Lagerhalle für die Brauerei dienten, für die Disko erschlossen. Außerdem gibt es zusätzlich ein Bistro-Café. Ende 2019 gab die Matrix Bochum bekannt, dass der Diskobetrieb eingestellt wird. Parallel zum heutigen Schwerpunkt der elektronischen Musik finden Konzerte unter dem Titel Konzerte und Rock-Events statt.
Konzerthaus Ravensburg
Das Konzerthaus wurde von 1896 bis 1897 nach Entwürfen von zwei berühmten Wiener Theaterarchitekten erbaut und steht seit 1988 unter Denkmalschutz. Mir blieb selbst fast die Spucke weg, als ich das erste Mal darin stand und die liebevoll und aufwändig verzierten Details gesehen habe. Man fühlte sich direkt wie in einer anderen Welt.
Das Gebäude wurde für Theatervorführungen, sowie Konzerte konzipiert. Bis heute kann man in den Genuss von Gastspielen verschiedener Landesbühnen und Tourneetheatern kommen. Außerdem finden hier klassische Konzerte, Unterhaltungs- und Comedy-Veranstaltungen, sowie Firmenfeiern im gehobenen Ambiente statt. Auch Konzerte von Bands wie Unantastbar haben hier bereits stattgefunden. Herzstück des Hauses ist ein reichlich verzierter Saal im Stil des Neobarock, der Platz für 327 sitzende Zuschauer bietet. Eine umlaufende Empore mit Logen bietet Platz für weitere 168 Personen. Außerdem gibt es einen kleinen Saal, der als Pausenfoyer oder für kleinere Empfänge im Rahmen einer Veranstaltung im Großen Saal genutzt werden kann.
Natürlich haben nicht nur die Mauern dieser fünf Locations bereits viel gesehen und gehört, auch andere Locations in ganz Deutschland werden von interessanten Geschichten begleitet. Bevor ihr also das nächste Mal auf ein Konzert geht, informiert euch gerne darüber, welche Geschichten die alten Gebäude mit sich tragen, in denen ihr einen tollen Abend verbringt.
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Crew | Redaktion
Ich bin durch meine Eltern bereits mit Rockmusik aufgewachsen. Da mein Vater als Tontechniker unterwegs war, habe ich recht früh gelernt, was gute Musik ausmacht und ob eine Band vor allem live gut klingt. In der Teenie-Phase mischte sich dann zu dem bis dato englischen Rock und Punk Genre immer mehr der Deutschrock in meine CD Sammlung und dieser Linie bin ich bis heute treu geblieben. Prinzipiell ist mir der Stil egal, Hauptsache, ich höre Gitarre, Bass und Schlagzeug.