THE UNSEEN – vergessen und verstaubt – nicht mit uns!
Kenner und Freunde von schnörkellosem, aber dennoch sauber gespieltem und mit erhöhter Geschwindigkeit präsentiertem Punk dürfen jetzt schon mal ihr Lächeln aufsetzen, denn heute geht es um THE UNSEEN. Alle anderen lesen gefälligst aufmerksam und ziehen sich jeden Link rein! Die vier Auftritte von THE UNSEEN im Juni diesen Jahres bei uns und der 20-jährige Geburtstag ihres Überknaller-Albums STATE OF DISCONTENT nehmen wir zum Anlass, den Staub davon wegzuputzen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1994 besteht die Bostoner Punkband aus Mark, Tripp und Scott. Schon zu Beginn ihrer Karriere ersetzten sie ihre Nachnamen durch den Bandnamen und taten es so den Ramones gleich. Bis auf den Spirit der Punkszene haben sie ansonsten nicht viel gemein mit den Urgesteinen. Im Laufe der Bandgeschichte gab es einige Fluktuationen. Für STATE OF DISCONTENT ballerte Pat Melzard mächtig in die Felle und Becken.
Trackliste

Schon so oft haben wir Gänsehaut bekommen, wenn wir alte Alben wieder aufgelegt haben. Und wieder passiert es. Im Veröffentlichungsjahr 2005 waren wir zarte 29 Jahre alt und genossen eine Vielzahl an Genres. Dieses hier nennt sich Hardcore Punk. Und dieses Album dürft ihr ab sofort als Definition dafür missbrauchen. Ihr bekommt mit 14 Songs den vollen Abriss – ohne eine Sekunde Langeweile oder den Drang zu skippen.
Gestartet wird mit „On the Other Side“, die einem eine direkte Stiefelbreitseite ins Gesicht brettert. Selten gibt es Sänger, die so wütend klingen wie Mark. Ihm glaubt man, dass er angepisst ist. Brillant und bestens geeignet, um den Zuhörer bei Laune zu halten, ist der fließende Übergang von Track eins zu zwei. Die sanft abklingenden Instrumente und das perfekt auf den Schlag getimte Intro von „Scream Out“ geben uns Zeit, Anlauf zu nehmen. Und Mark zum Luft holen, um den Song gebührend zu untermalen. Mitreißend wirken dazu die eingängigen Melodien und die sauberen Schläge auf die Drum. Junge, Junge, bei dem Song möchte ich heute nicht mehr im Moshpit stehen.
Das war nur Kindergarten
Die beiden Opener waren nur der Anfang. Mit „The End is Near” wird euch klar werden: Bis dahin war es Kindergarten. Jetzt fetzt es richtig – musikalisch wie textlich. Im Intro und in den darauffolgenden knapp 1,5 Minuten wird gegen Diktaturen, Krieg, Skandale und deren Opfer zum Kampf gerufen. „Weapons of Mass Deception“ schließt hier sozialkritisch nahtlos an und überzeugt mit kurzem und kräftigem Chorus. Mit Track Nummer Fünf gönnen wir uns eine kurze Verschnaufpause – die wird gebraucht. Denn bei „Dead Weight Falls“ wird der Bostoner Einfluss deutlich. Parallelen zu den Dropkick Murphys sind nicht von der Hand zu weisen und aggressive Singalongs à la Blood for Blood sprechen für sich. Hinzu kommt der in allen Songs prägnant-stimmige Bass, der dem Ganzen das nötige Volumen gibt.

Eine der besten Coverversionen
Nur wenige Bands schaffen es, Alben zu veröffentlichen, bei denen keine Langeweile aufkommt. STATE OF DISCONTENT kommt ohne Leichen aus. Nach dem ersten Drittel präsentieren THE UNSEEN immer Songs im oberen Tempo. Manche eher Hardcore-lastig, andere eher Pogo-tauglich, aber immer mit dem speziellen Spiel von Melodien. So kann es vorkommen, dass ein Gitarrensolo schon mal nach klassischem Heavy Metal klingt.
Unser Favorit ist mit nicht mal ganz einer Minute Spielzeit „Flames Have Destroyed“. Kurz, knallhart – und wir würden gerne „schmerzlos“ sagen, doch das ist nicht der Fall. Stattdessen ruft die Band: „Fight for what you want!“ Den Abschluss der heutigen Party feiern wir mit einem wirklich, sehr guten Coversong. Die Punks nehmen sich „Paint It Black“ von The Rolling Stones vor. Im Original schon einer der besten all time-Songs. Mit der doppelten Geschwindigkeit und den Stilmitteln der Band haben THE UNSEEN Mick Jaggers und Keith Richards’ Eigentum einen mächtigen Drall verpasst.
Fazit
STATE OF DISCONTENT ist auch 20 Jahre nach seiner Veröffentlichung ein Paradebeispiel für kompromisslosen Hardcore Punk. Die rohe Energie, die bissigen Texte und der perfekt austarierte Mix aus Aggression und Melodie machen das Album zeitlos. THE UNSEEN schaffen es, politische Statements mit purer Spielfreude zu verbinden und gleichzeitig Hymnen zu liefern, die auch nach Jahren noch im Hirn bleiben. Legendär! Für Fans des Genres bleibt dieses Werk Pflichtprogramm – für Neulinge ist es der perfekte Einstieg in die Welt des Hardcore Punk. Zum Abschluss sei mit einem Augenzwinkern gesagt: „Das Album war keineswegs verstaubt.“
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Crew | Chefredakteur
Mit Baujahr 1976 nicht mehr so ganz jung, bin ich im Herzen der Republik, in Anhalt aufgewachsen.
Mit 19 Jahren zog es mich nach Baden-Württemberg. Aufgewachsen mit Heavy Metal à la Metallica, Slayer und Kreator etc., pubertierte ich mit dem Punk, bis ich dann mit dem New York Hardcore erwachsen wurde. Es gilt: Ob Metal oder Punk, in deutsch oder englisch, Hauptsache mir gefällt´s.








