Deutschrock: Seriöse Berichterstattung vs. Verleumdung
Wie oft haben wir uns alle schon darüber aufgeregt, wenn Zeitungen, mit riesigen Reichweiten, über unsere Lieblingsbands wie die Böhsen Onkelz, Frei.Wild, Goitzsche Front und Co. hergezogen sind? Nicht selten schleudern sie mit Halbwahrheiten und reißerischen Schlagzeilen um sich – nur für hohe Auflagen und die dicke Kohle. Kein Wunder, dass der gemeine Rocker die Nase voll hat und das in seinen Liedern kundtut, wenn jeglicher Pressekodex für fünf Minuten Ruhm über Bord geworfen wird.
Doch was ist, wenn der gemeine Redakteur tatsächlich einer Story auf die Schliche kommt, die es Wert ist, erzählt zu werden und einen Maulkorb verpasst bekommt? Wo beginnt seriöser Enthüllungs-Journalismus und wann wird daraus eine mediale Hetzjagd auf Musiker und Veranstalter?
Pressefreiheit
Im Grundgesetz ist die Pressefreiheit verankert (Art. 5 Abs. 1 S. 2 Var. 1 GG): „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Doch das heißt noch lange nicht, dass alles erlaubt ist. Öffentliche Diffamierungen und Verleumdungen schränken das Persönlichkeitsrecht ein und sind deshalb gesetzlich streng verboten. Sollte also Musiker XY öffentlich bloßgestellt werden, ohne dass die Behauptungen stimmen, hätte er die Möglichkeit gerichtlich dagegen anzugehen und dem Magazin oder Radiosender einen Maulkorb zu verpassen.
Dabei muss man unterscheiden: Ist die getroffene Aussage eine nicht beweisbare oder falsche Tatsachenaussage, was gesetzeswidrig ist. Oder gibt ein Redakteur nur eine persönliche Meinung ab, die anderen nicht in den Kram passt. Das wäre hingegen völlig legitim, wenn sie als solche gekennzeichnet wird. Auch wenn es in diesem Fall Musikern nicht schmeckt, worüber die Presse berichtet, ist das eine Pille, die sie als Personen des öffentlichen Lebens schlucken müssen.
Doch längst nicht jeder Musiker fühlt sich davon ans Bein gepinkelt. Frei.Wild nehmen Schlagzeilen unterhalb der Gürtellinie gerne zum Anlass, sich öffentlich darüber zu amüsieren – und wo wären die Onkelz, wenn die Massenmedien sie nicht schon in ihren Anfängen regelmäßig zum Buhmann gemacht hätten? In solchen Situationen zeigt sich, wie viel Rückgrat eine Band oder ein Musiker tatsächlich hat.
Öffentliches Interesse
Sollte das allgemeine Interesse der Öffentlichkeit allerdings überwiegen, dürfte über beispielsweise eine strittige Situation, zwischen Musiker und Veranstalter, berichtet werden. Eine abgesagte Tour, bei der die Rückzahlung der Ticketgebühren an die Fans unklar ist, könnte dafür ein Anlass sein. Doch auch hier müssen die Fakten stimmen. Hintergrundrecherche und das Befragen der Beteiligten sind unerlässliche Methoden, um die Sachlage zu klären. Oft haben die Parteien ein Interesse daran, die Unstimmigkeiten aufzuklären, außer man hat so tief gebohrt, dass betroffene Hunde anfangen zu bellen. Sollte sich niemand dazu äußern wollen, ist es legitim auch das in einem verhältnismäßigen Ton öffentlich zu kommunizieren. Im Zweifel müssten für einen solchen Bericht jedoch die Namen unkenntlich gemacht werden, damit die Persönlichkeitsrechte gewahrt werden. Werden alle Punkte ordnungsgemäß beachtet, gibt es keine rechtliche Grundlage, seitens der Betroffenen, die Berichterstattung zu untersagen.
Fallbeispiel: Ticketfalle Viagogo
Ein wichtiges Beispiel ist Viagogo. Wie viele von uns würden noch regelmäßig auf die Ticketbörse reinfallen, die bereits von Verbraucherschützern abgemahnt wurde? In diesem Fall ist es die Pflicht der Medien aufzuklären und darüber zu berichten. Über eine negative Berichterstattung mag sich das Unternehmen zwar ärgern, aber aufgrund der Sachlage, kann Viagogo keinen Journalisten an die kurze Leine legen, der sich kritisch zu den Machenschaften der Ticketbörse äußert.
Weiter bohren oder Stillschweigen bewahren?
Journalismus ist oft eine Frage der moralischen Vertretbarkeit. Radios und Magazine sind ihren Lesern oder Hörern gegenüber in der Pflicht, Themen auf den Tisch zu legen, die sie betreffen. Hätten die Medien etwa schweigen sollen, als Kevin Russell im Drogenrausch einen Unfall verursachte? Vielmehr braucht es gute Journalisten, die hinhören, nachfragen und die Fakten zusammentragen. Bequem ist das in solchen Fällen nie, aber manchmal muss auch mal im Dreck gewühlt werden. Die Frage dabei bleibt nur: Bis zu welchem Punkt handelt es sich um eine faire und gut recherchierte Berichterstattung und wann wird über das Ziel hinausgeschossen.
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