Securitys im Interview – Teil 1
Wenn die Lichter angehen und die Menge tobt, stehen sie ganz vorne: Die Securitys. Sie sind diejenigen, die Fans, Bands und Crew zusammenhalten. Olaf und Gossi erzählen, was ihren Job ausmacht und was ihn manchmal besonders macht.
VRR: Wie bist du zur Arbeit als Security bei Konzerten gekommen und was reizt dich daran?
Olaf: Ich arbeite seit rund 30 Jahren in der Sicherheit und habe seit zehn Jahren meine eigene Firma. Mein erster Arbeitgeber war in allen Bereichen tätig, auch auf Konzerten. So bin ich da nach und nach reingewachsen.
Gossi: Ich bin seit über 20 Jahren in der Sicherheitsbranche, teils haupt-, teils nebenberuflich. In dieser Zeit habe ich viele Leute aus der Szene kennengelernt, wodurch irgendwann die ersten Anfragen für Konzert-Security kamen. Privat bin ich selbst Konzertgänger und ich liebe Live-Musik, die Atmosphäre von Festivals und Shows.
VRR: Wie sieht euer typischer Arbeitstag aus, bevor die Fans eingelassen werden?
Olaf: Mein Arbeitstag beginnt lange vor dem Konzert, oft deutlich vor meinem Team. Als Einsatzleiter bereite ich Funkgeräte, Westen, Getränke und andere Ausrüstung vor und gebe sie aus. Dann stehen Gespräche mit Veranstalter, Tour Management und Rettungskräften an, um Abläufe und Besonderheiten abzustimmen. Anschließend folgt die Teambesprechung, in der ich Aufgaben und Positionen verteile.
Gossi: Bei Ein-Tages-Konzerten checkt man sich im Checkpoint ein, erhält Position, Anweisungen und ggf. ein Funkgerät. Bei Festivals reist man früher an, schlägt sein Lager auf und verschafft sich einen Überblick über das Gelände. Bis zum Dienstbeginn bleibt oft Zeit für kurze Gespräche mit anderen oder Festivalbesuchern.
VRR: Welche Vorbereitungen trefft ihr, um für den Abend gut aufgestellt zu sein?
Olaf: Jeder Mitarbeiter sollte die Musikrichtung kennen, denn jedes Genre hat seine eigenen Fans und Eigenheiten. Man kann Helene-Fischer-Ultras nicht mit Hardcore- oder Deutschrock-Fans vergleichen. Wichtig ist auch, die Location zu kennen, die eigene Ausrüstung vollständig zu haben und motiviert zu sein.
Gossi: Die großen Vorbereitungen laufen schon lange vorher: Sicherheitskonzepte, Abstimmungen mit Behörden, Polizei, Rettungsdienst. Am Veranstaltungstag prüfen Einsatzleitung oder Gruppenleiter alle Positionen, Wellenbrecher, Bauzäune und ob Gefahrenquellen auf dem Gelände stehen. Erst wenn alle Verantwortlichen, von Technik bis Feuerwehr freigeben, werden die Türen geöffnet.
VRR: Was sind eure Hauptaufgaben während der Show?
Olaf: Die ersten Minuten bin ich angespannt, bis ich sicher bin, dass alles läuft. Danach achte ich auf Details. Geht es den Kindern in Reihe eins gut? Ist der Moshpit sicher? Wenn alles ruhig ist, ist die Show für mich der entspannteste Teil.
Gossi: Das hängt stark von der Position ab. Grundsätzlich hat die Sicherheit von Besuchern, Künstlern und Crew höchste Priorität.

VRR: Wann wird es stressig oder kritisch? Wie geht ihr mit Pogo um?
Olaf: Stress entsteht, wenn Unvorhergesehenes passiert und ich in Sekunden entscheiden muss. Beim Pogo beobachten wir die Kreise genau und achten auch auf die Menschen außen herum. Kinder holen wir manchmal aus der ersten Reihe heraus. Wenn jemand übertreibt, sprechen wir ihn an. Meine Arbeit für Kärbholz hilft, viele Fans kenne ich persönlich, das erleichtert die Kommunikation.
Gossi: Bei Schlager gibt es keinen Pogo, bei Rock natürlich schon. Viele Fans helfen sich gegenseitig hoch, wenn jemand hinfällt, das ist großartig. Wir behalten den Bereich aber immer im Auge. Gleiches gilt für Crowdsurfer: Im Graben müssen wir sie sicher abfangen, damit niemand verletzt wird.
VRR: Wie geht ihr mit schwierigen oder übermotivierten Fans um, ohne die Stimmung zu kippen?
Olaf: Wir sprechen sie ruhig an. Wenn das nicht hilft und andere gefährdet, müssen wir jemanden auch mal rausnehmen. Es geht darum, allen ein schönes Konzert zu ermöglichen, nicht nur denen, die über die Stränge schlagen.
Gossi: Deeskalation ist das A und O: ruhige Kommunikation, keine Provokation, klare Ansprache und eine nicht-aggressive Körpersprache.
VRR: Welche Shows oder Momente sind euch besonders in Erinnerung geblieben?
Olaf: Schön ist es immer, wenn Fans sich bedanken, das macht stolz. Zwei Momente bleiben unvergessen: Adrian von Kärbholz, der in Augsburg spontan 45 Minuten unplugged spielte, weil die Vorband ausfiel. Und mein erstes Kärbholz-Heimspiel in Rosbach, tolle Menschen, Freunde, fast wie Familie.
Gossi: Für Bands zu arbeiten, deren Fan man selbst ist, ist etwas Besonderes. Stolz macht es mich, wenn sich ein Künstler für den Job bedankt, das ist heute leider selten geworden.
VRR: Was war das Verrückteste, das du während eines Einsatzes erlebt hast?
Olaf: Eine Bedrohung im Umfeld des Geländes mit einer Schusswaffe. Zum Glück war sie nicht geladen. Die Überwältigung des Täters bleibt mir bis heute in Erinnerung.
Gossi: Dass Fans mich nach Autogrammen gefragt haben oder Fotos wollten. Verrückt, aber irgendwie auch ein Kompliment.

VRR: Habt ihr direkten Kontakt zu Bands oder Künstlern?
Olaf: Als Einsatzleiter ja, je nach Band mal mehr, mal weniger. Die meisten sind völlig unkompliziert. Größere Diskussionen gibt es eher mit Crewmitgliedern, meist wegen Kleinigkeiten wie vergessene AAA-Pässe.
Gossi: Generell sollen Securitys Künstler nicht ansprechen. Im Deutschrock ist es aber sehr locker, viele sprechen uns selbst an. Ich kenne einige durch frühere Tätigkeiten als Fotograf, Veranstalter oder Musiker. Manche Künstler bleiben sehr bodenständig, andere weniger, das variiert je nach Genre.
VRR: Was passiert nach der Show?
Olaf: Wir räumen das Gelände und sorgen dafür, dass alle sicher hinauskommen. Für die meisten endet danach der Dienst. Für mich beginnt das Einsammeln der Ausrüstung und das Ausfüllen der Stundenlisten, dann ist irgendwann Feierabend.
Gossi: Manche können direkt auschecken, andere helfen beim Räumen der Location, da der Abbau sofort beginnt. In der Regel sind wir 30–60 Minuten nach Show Ende fertig.
VRR: Wie schaltest du nach einem langen Abend ab?
Olaf: Ganz einfach, ich gehe schlafen.
Gossi: Mit einem Feierabendbier und guten Gesprächen oder einem Besuch am Erdbeerbowle-Stand.
VRR: Was wünscht ihr euch von Fans, Bands oder Veranstaltern?
Olaf: Fans sollen Spaß haben, aber ihre Grenzen kennen. Bands sollen gut informiert sein und Spaß an ihrer Show haben. Veranstalter sollten genug Security einplanen und der Einsatzleitung vertrauen. Wenn alle ihren Teil beitragen, wird es ein großartiger Abend und alle gehen gesund nach Hause.
Gossi: Wünsche sind schwer pauschal zu formulieren, jede Veranstaltung ist anders.
VRR: Oft werdet ihr als „böse Buben“ gesehen. Wie würdet ihr euch selbst beschreiben?
Olaf: Wichtig ist nicht, wie wir uns sehen, sondern wie andere uns wahrnehmen. Wir gelten als Spaßverderber, obwohl wir nur eingreifen, wenn etwas nicht passt. Meine Leute wären viel lieber entspannt und freundlich, aber wenn jemand Grenzen überschreitet, handeln wir konsequent.
Gossi: Natürlich gibt es in der Branche harte Typen, aber ich sehe mich als freundlich und sicherheitsbewusst.
VRR: Was macht gute Security bei einem Rockkonzert aus?
Olaf: Spaß an der Arbeit, Empathie, Menschenkenntnis, Aufmerksamkeit und der Blick für Kleinigkeiten. Wir sollten Dienstleister sein, uns nicht zu ernst nehmen und auch mal über uns selbst lachen können.
Gossi: Freundlichkeit, Respekt, Deeskalation und Sicherheitsbewusstsein.
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