Jörg „Warthy“ Wartmann – vom Studiogitarristen zum gefragten Produzenten
Warthy ist ein erfahrener Studiogitarrist, Produzent und Arrangeur, der seine musikalischen Wurzeln im Rock hat, aber auch Pop, Blues, Jazz und Klassik in seine Arbeit einfließen lässt. Nach vielen Jahren in Franken ist er in seine Heimat Bernburg zurückgekehrt – samt eigenem Studio. Besonders im Deutschrock hat er sich mit Bands wie Frei.Wild und Unheilig einen Namen gemacht. Im Gespräch erzählt er, warum Authentizität im Studio entscheidend ist und wie er Künstler/innen hilft, ihren eigenen Sound zu finden.
VRR: Stell dich doch bitte kurz vor. Wie heißt du, woher kommst du und wo bist du musikalisch zuhause?
Warthy: Ich heiße Warthy und bin Studiogitarrist, Produzent und Arrangeur. Ich bin in Bernburg geboren und mittlerweile bin ich nach 16 wunderschönen Jahren in Franken samt meinem Studio wieder hierher zurückgekehrt. Meine musikalischen Wurzeln liegen vor allem im englischsprachigen Rock. Aber auch Pop, Blues, Jazz und Klassik haben mich geprägt.
VRR: Du bist Musikproduzent – was genau ist deine Aufgabe, wie wird man das und vor allem, was hat dich daran gereizt?
Warthy: Meine Aufgabe ist es vor allem, den Künstler bzw. die Band im besten und passendsten Licht da stehenzulassen. Das heißt: Das Beste aus den Musikern herauszuholen und die Musik so schön wie möglich klingen zu lassen. Das beinhaltet auch, den Künstlern neue Wege zu zeigen. Sei es stilistisch oder in der Instrumentierung. Den Horizont erweitern ist das Stichwort. Dadurch entwickeln sich die Musiker weiter, was man beim nächsten Album dann wieder merkt. Am Anfang war ich reiner Studiogitarrist. Dann habe ich angefangen, die Songs für die Künstler zu arrangieren, was dann wiederum zum Produzieren geführt hat. Das war ein sehr organischer Prozess. Ich habe sehr lange damit gewartet, mich Produzent zu nennen, da ich einen sehr großen Respekt vor diesem Beruf habe. Gerade in Bezug auf Namen wie Quincy Jones, Rick Rubin, usw. Da hatte ich schon ein paar goldene Alben produziert, bevor ich das tat. Mich reizt immer wieder die Herausforderung, gut abzuliefern. Sich immer wieder neu zu beweisen und das in verschiedenen Genres. Im Sport ist es ähnlich.
Die Chemie entscheidet über eine erfolgreiche Zusammenarbeit

VRR: Wie findet eine Band den passenden Produzenten?
Warthy: Bei mir war es oft so, dass ich empfohlen worden bin oder die Bands Arbeiten von mir gehört hatten und mich daraufhin kontaktierten. Ob man dann zusammenpasst, merkt man aber erst bei der Zusammenarbeit. Das ist einer der Gründe, warum ich gern einen Test Song mit den Bands mache, damit alle Beteiligten merken, ob das zusammen geht oder eben nicht. Es ist auch die Chemie, die stimmen muss, damit etwas Gutes dabei herauskommt. Das hat nicht immer etwas mit gut oder schlecht zu tun, sondern eben mit passend.
VRR: Mit welchen Kosten müssen Nachwuchskünstler bei einer Album-Produktion rechnen?
Warthy: Das ist von verschiedenen Dingen abhängig. Wie viele Songs kommen auf das Album, müssen weitere Studiomusiker (Streicher, Bläser, Chöre, etc.) gebucht werden. Das kann man nicht pauschalisieren. Was aber wichtig ist, dass man das immer vorher klärt, damit es keine bösen Überraschungen gibt! Kommunikation ist, wie immer, das Zauberwort.
VRR: Was macht für dich eine gute Produktion aus und woran erkennst du persönlich einen Hit?
Warthy: Eine gute Produktion muss die Musik bzw. deren Spirit perfekt transportieren. Das ist natürlich in jedem Genre anders. Wenn ich zum Beispiel Deutschrock spiele, habe ich eine ganz andere Attitüde im Spiel als zum Beispiel im Schlager. Das eine ist rau und ungehobelt, das andere eher perfekt bzw. sauberer. Das mit dem Hit ist immer so eine Sache. Ich habe schon einige Songs gehört, die das Potenzial hatten. Aber damit es ein Hit wird, müssen viele Faktoren stimmen. Timing im Release, Werbung, der richtige Text zur richtigen Zeit, usw. Ein guter Song, der ein Jahr zu früh veröffentlicht wird, kann verpuffen, weil grad die Stimmung beim Release nicht passt.
So entsteht Magie im Studio
VRR: Wie wichtig ist für dich die Zusammenarbeit mit Künstler/innen im Studio und wie sieht ein idealer, kreativer Prozess aus?
Warthy: Den einen idealen Prozess gibt es eigentlich nicht. Mir ist immer wichtig, dass die Musiker sich mit dem Resultat wohlfühlen. Ich sage immer: „Ich muss nicht auf der Bühne stehen und mich dafür schämen“. Um kreativ zu sein, sollte alles entspannt sein und man sollte immer offen für Ideen bleiben, damit man einander die Bälle zuspielen kann. Das Ego sollte ganz weit hintenanstehen. Es geht letzten Ende immer um das Resultat. Und dafür sollte man alles geben. Normalerweise kommen die Künstler mit einem Demo oder spielen mir den Song vor. Dann greife ich, wenn nötig, im Songwriting oder Tempo ein. Wenn es nicht nötig ist, geht es direkt zum Arrangement über. Manchmal mache ich das komplett alleine, manchmal mit der Band bzw. dem Künstler. Das ist je nach Act unterschiedlich.
VRR: Wie gehst du mit dem Spannungsfeld zwischen künstlerischer Freiheit und kommerziellen Anforderungen um?
Warthy: Für mich ist klar, dass es authentisch sein muss, damit es langfristig erfolgreich ist. Und wenn etwas erfolgreich ist, ist es automatisch auch kommerziell. Mit dem Verkauf der ersten CD oder des ersten Shirts ist man kommerziell. Ich weiß immer gar nicht, warum dieses Wort so negativ behaftet ist. Jeder Künstler träumt davon, so viele Menschen wie möglich mit seiner Musik zu erreichen. Ob das nun vier Akkorde sind oder avantgardistisch ist, spielt dabei keine Rolle. Man sollte sich nur nicht um jeden Preis verkaufen, um Erfolg zu haben, sondern, wie gesagt, authentisch bleiben.
VRR: Gibt es bestimmte deutsche Künstler oder Genres, die dich gerade besonders inspirieren?
Warthy: Eigentlich nicht. Aber international gibt es da einige Künstler: Jacob Collier, Muse oder Falling in Reverse. Nur um ein paar zu nennen.
Streaming verändert die Musikszene grundlegend

VRR: Wie hat sich deiner Meinung nach die deutsche Musikszene in den letzten zehn Jahren verändert? Insbesondere im Bereich Produktion. Wie beeinflussen Streaming-Dienste und soziale Medien die Herangehensweise an die Musikproduktion?
Warthy: Streaming hat die komplette Musikwelt verändert bzw. ist gerade dabei, dies zu tun. Es geht wieder mehr auf den Song und nicht mehr so ums Album. Heißt: Es gibt wieder mehr Singles. Die Songs werden auch wieder etwas kürzer. Also alles wie in den 60ern. Durch die Anbieter gibt es auch vielmehr VÖs, was den Markt mit Musik überschwemmt. Früher haben die Labels die Künstler ausgesucht. Heute muss das Publikum die Künstler und ihre Musik selber bei Spotify & Co. Entdecken, was bei der Fülle an Releases und Acts zu einer gewissen Resignation und Abstumpfung führt. Eine Entwicklung, die ich nicht mag, da in meinen Augen auch die Kunst an sich entwertet wird. Ich bin gespannt, wo die Reise hingeht. Ich bleibe aber, wie immer, optimistisch. (Augenzwinkern)
VRR: Was war dein größter Erfolg und woran misst du das?
Warthy: Kommerziell gesehen war es das Album GROSSE FREIHEIT von Unheilig. Das war mit 1,9 Millionen verkauften Exemplaren das zweiterfolgreichste Album des letzten Jahrzehnts in Deutschland. Hier hatte ich Gitarren und Bässe eingespielt. Ansonsten ist ganz klar Frei.Wild der größte Erfolg mit meiner Beteiligung. Ganz einfach, weil diese Band es ganz allein mit viel Gegenwind geschafft hat, ihren – in meinen Augen – erfolgreichen Weg zu gehen. Schon allein, dass wir seit über 16 Jahren zusammenarbeiten, ist in diesem Geschäft nicht unbedingt Standard. Aber insgesamt habe ich das Glück, mit vielen meiner Klienten sehr lange arbeiten zu dürfen und das ist nach meinem Verständnis auch ein großer Erfolg!
VRR: Vielen Dank Warthy, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.
Mehr über Warthy und seine Projekte erfährst du auf seiner Homepage unter folgendem Link: https://warthy.de/








