Ist Deutschrock zu männlich? Von Bizeps, Bier und Balance
Breite Schultern, nackte Oberkörper, tiefe Stimmen, Nerven aus Stahl und Oberarme, so dick wie die Oberschenkel einer Frau. Männer. So sah man ihn früher, den klassischen Deutschrocker. Ein echtes Alphatier mit Bier in der Hand und Revier im Blick. Und ja, damals war der Deutschrock tatsächlich eine ziemliche Männerdomäne. 80 % Bart, 20 % Gitarren. Frauen? Wenn überhaupt, dann im Publikum und selbst da mussten sie sich ihren Platz erst einmal hart erkämpfen.
Von Machos und Melodien
Doch heute sieht die Sache ganz anders aus. Der Deutschrock ist längst nicht mehr nur etwas für Testosteron-Titanen mit Stahlkappenstiefeln. Auf und vor der Bühne hat sich eine angenehme Mischung entwickelt. Klar, die Männer sind noch da und das ist auch gut so. Aber zwischen Muskelshirt und Mikrofonkabel mischen sich immer mehr starke Frauen, die zeigen, dass Deutschrock mehr ist als Männlichkeit pur. Und sind wir mal ehrlich: Die harten Jungs, die früher beim Pogo wie Baumstämme im Sturm standen, springen heute bei Ikke Hüftgold zu „Links, Rechts“ wie zarte Rehe im Frühling. So viel zum Thema Testosteronüberschuss. Da bleibt vom Bild des unbeweglichen, biergetränkten Macho-Felsens nicht mehr viel übrig. Zwischen Pogo, Glitzerjacke und Moshpit ist Deutschrock mittlerweile ein Ort geworden, an dem jeder so sein darf, wie er eben ist, egal ob mit Bart oder Eyeliner.

Wenn harte Kerle weich werden
Natürlich, ein gewisser rauer Ton gehört nach wie vor dazu. Gitarren dürfen kratzen, Schlagzeuge ordentlich auf die Nuss bekommen und Stimmen sollen gerne klingen, als hätte man drei Tage Sandpapier gefrühstückt. Aber das bedeutet nicht, dass der Deutschrock zu männlich ist, eher authentisch, ehrlich und direkt. Die Szene hat sich entwickelt. Neben der puren Kraft, stehen heute auch Gefühl, Gemeinschaft und sogar ein bisschen Selbstironie. Männer, die früher noch mit verschränkten Armen vor der Bühne standen, grölen heute Arm in Arm mit ihren Mädels. Und das ist verdammt schön so.
Mehr Herz als Härte
Deutschrock ist nicht zu männlich, er ist einfach menschlich geworden. Zwischen Bierdusche und Ballade, Pogo und Panik, Bizeps und Gefühl hat sich ein neues Gleichgewicht entwickelt. Und wer das nicht glaubt, sollte einfach mal wieder auf ein Festival gehen. Da sieht man schnell, dass zwischen all den Tattoos und Lederjacken längst ein Herz schlägt, das für alle offen ist – ob männlich, weiblich oder einfach nur rockverliebt.

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:
Crew | Redaktion
Schon als kleiner Stöpsel bin ich mit deutscher Rockmusik groß geworden. Die Böhsen Onkelz waren selbst in der fünften Klasse schon Pflichtprogramm. Eine kurze Abschweifung in ein anderes Genre hat mich trotzdem wieder sehr schnell auf die richtige Bahn gebracht.
Kurze Zeit später fanden auch Musikrichtungen wie Punkrock, Metal oder Alternativrock ihren Weg zu mir. Ich bin offen für Neues aber meiner Linie werde ich auf ewig treu bleiben.










