30 Jahre Ohrenfeindt im Interview

Quelle: Ohrenfeindt

Im Dezember 1994 wurde es laut auf St. Pauli. Es fanden sich strebsame Herrschaften zusammen und gründeten Ohrenfeindt. Heute, fast 30 Jahre später, baten wir die Band zum Interview. In der aktuellen Besetzung sind Jöcky an den Drums, Keule an der Gitarre und Chris am Bass und als Stimme des Dreier-Gespanns.

Kommunikation ist alles

VRR: Und plötzlich waren es 30 Jahre. Was ist für euch die wichtigste Devise, um ein Team zu bleiben? Gibt es so eine Art ungeschriebenes Bandgesetz, dass es immer harmonisch bleibt?

Ohrenfeindt: Für uns gilt das, was wohl in jedem Team am besten funktioniert: offene Kommunikation und der grundsätzliche Blick auf ein gemeinsames Ziel – auch dann, wenn die Auffassungen über den Weg dorthin auseinandergehen. Wichtig dabei ist der Respekt für den Input, den jeder gibt. Auch wenn einer einmal eine Idee hat, die die anderen nicht teilen, hat er sich ja einen Kopf um die Band und ihr Fortkommen gemacht und das ist ja erstmal positiv. Außerdem ist es uns wichtig, gerade musikalische Ideen auszuprobieren, auch wenn der eine oder andere sich anfangs vielleicht nicht vorstellen kann, dass diese Idee funktioniert. Wenn man diese Idee dann zusammenspielt, zeigt sich schnell, ob sie tragfähig ist und zu uns passt oder eben nicht.

VRR: Was macht euch als Band aus?

Ohrenfeindt: Wir lieben es, live zu spielen und unsere Gäste attestieren uns eine hohe Live-Energie. Alles, was wir tun, ist darauf ausgerichtet, unseren Gästen live eine gute Zeit zu bereiten und Songs zu machen, die einerseits Spaß machen, aber manchmal eben auch ein Anliegen transportieren, wie zum Beispiel der Song „Tanz nackt“, in dem es um Depressionen und den Umgang damit geht.

Wir sind ein Trio: Live kann sich da keiner verstecken, jeder ist jederzeit komplett sichtbar. Du musst als Band einfach die Eier haben, das so anzubieten. Das ist eine Herausforderung, die wir lieben und ein Anspruch, der uns antreibt.

Kommen und gehen

VRR: In den vielen Jahren herrschte reges Kommen und Gehen. Chris, von den ursprünglichen Gründungsmitgliedern bist nur noch du da. Welcher Weggang aus der Band hat dich am meisten oder besser gesagt am tiefsten bewegt?

Ohrenfeindt: Das ist schwer zu beantworten, da sowohl das Zueinanderfinden als auch Trennungen ja immer sowohl rationale als auch emotionale Gründe haben. Ich mag es, wenn man freundschaftlich auseinandergeht und sich auch hinterher noch in die Augen sehen kann, wie es zum Beispiel bei Heiko, Stefan oder Andi war. Die haben auch nach der Trennung live, im Studio oder anderweitig geholfen. Dafür bin ich sehr dankbar! Die Trennung von Boogie war nicht einfach, aber wir sind später wieder aufeinander zugegangen und ich bin froh, dass wir unsere Freundschaft noch eine ganze Weile und vor seinem viel zu frühen Tod 2021 klären konnten.

VRR: Keule, du beschreitest dein 11. Ohrenfeindt Jahr, was war für dich der schönste Bandmoment?

Ohrenfeindt: Das ist natürlich eine sehr komplexe Frage und ein einziger Moment könnte den elf Jahren sicher nicht wirklich gerecht werden. Ein Album zu veröffentlichen, auf Tour gehen oder einfach mit den Fans zu quatschen ist wunderbar. Das ist für mich die größte Motivation und wenn man so will, der Lohn der harten Arbeit hinter der Kulisse. Rockstar sein verpflichtet! Ein Punkt, den man in seinen jugendlichen Träumen gern übersieht.

Die Vorboten

VRR: Ihr habt mit „Südlich von Mitternacht“ das 10. Studioalbum eingeläutet. Warum habt ihr diesen Titel als Vorboten gewählt?

Ohrenfeindt: Wir könnten jetzt ganz profan sagen, weil er als Erster fertig war. Aber es gibt ja auch immer Gründe, die dazu führen, dass wir diesen oder jenen Song zuerst zu Ende bringen. In diesem Fall ist es eine für uns untypisch schnelle Nummer mit einem, wie wir glauben, Songtitel, der Interesse weckt. Dazu hatten wir auch noch gleich eine Video-Idee. Insgesamt ist es aber auch viel Bauchgefühl. Wir hatten einfach den Eindruck, dass dieser Song viel Interesse für das gesamte Album weckt. Die Tatsache, dass der Song innerhalb kurzer Zeit derbe auf YouTube und Spotify abgegangen ist und das Feedback unserer großartigen Fans haben dieses Bauchgefühl bislang auch bestätigt.

VRR: Dürfen sich die Fans bis zum Release des Albums auf eine weitere Singleauskopplung freuen? Wenn ja, verratet ihr uns schon einmal den Titel?

Ohrenfeindt: Ja, das dürfen sie. Wenn wir im Studio schnell genug vorankommen, vielleicht auch noch auf eine dritte Single. Den Titel der zweiten Single werden wir demnächst bekanntgeben. Der Titel wird auf jeden Fall auch etwas mit schnellem Vortrieb zu tun haben. Tipp: Es wird einer der Songs des Albums sein, die wir bereits live spielen.

VRR: Wir bleiben an Ohrenfeindt dran. Derweil könnt ihr in „Südlich von Mitternacht“ hineinhören. Seid gespannt, was da aus St. Pauli herüberschwappt.

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Als Nachwende-Kind '95 geboren, bin ich im Herzen dennoch ein kleiner Ossi. Zum Deutschrock kam ich 2009 eher durch Zufall. Heute höre ich eine bunte Mischung von Punkrock bis Metalcore. Meistens trifft man mich jedoch bei den kleineren Bands. Seit 2019 schreibe ich für VRR und seit 2022 begleitet mich meine Kamera Berta. Mein Lebensmotto ist „Das Leben muss rocken!“