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Ministry – Vergessen und verstaubt – nicht mit uns!

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Es war bereits das fünfte Studioalbum der Industrial Metalband, jedoch gelang Ministry erst mit diesem Longplayer der Durchbruch in Europa. Am 14. Juli 1992 wurde PSALM 69 veröffentlicht. Einziges Mitglied der Band, das bis heute noch Ministry beiwohnt, ist Gründer und Frontmann Al Jourgensen. Das Album gilt bis heute als das Beste, was der Industrial Metal je hervorgebracht hatte.

Trackliste: 

  1. W.O.
  2. Just One Fix
  3. TV II
  4. Hero
  5. Jesus Built my Hotrod
  6. Scarecrow
  7. Psalm 69
  8. Corrosion
  9. Grace

Trash Metal vs. EBM

Foto: Jörg Hentzgen

Das Gefühl, das wir jetzt versuchen zu beschreiben, wenn wir den Opener „N.W.O.“ seit langem wieder einmal hören, ist nicht in Worte zu fassen. Gut mit Staub bedeckt putzen wir alles sauber und werden bei den ersten Tönen mit Nostalgie, Sentimentalität und starken Emotionen überschüttet, dass wir uns gedanklich auf einer Zeitreise in unsere Teenager Zeit befinden. Musikalisch hauen uns Ministry mit Trash Metal Elementen, EBM-Anleihen und verzerrter Stimme den ersten Dauerbrenner um die Ohren und erhalten die Ehrenurkunde als erste Siedler des Industrial Metal. „N.W.O.“ steht für New World Order. Ob und wer für die neue Weltordnung steht, wird nicht so ganz klar. Niedergeschrieben wurde schon, dass Mastermind Al Jourgensen mit PSALM 69 sich politisch ganz klar gegen die Republikaner stellte. Das wird im Laufe des Albums durch die Verwendung von verschiedensten Samples aus Politik und Film sehr deutlich. Im Fall von „N.W.O.“ durch ein Sample aus dem Film Apocalypse Now.

Selbsttherapie 

Der Ministry Chef selbst hatte in der Vergangenheit oft mit Drogen zu kämpfen. Laut eigener Aussage ist er seit 2000 Drogen frei. Vermutlich zählt der Song „Just One Fix“ zu den autobiografischen Liedern des Albums. Aber das seht besser selbst:

In „TV II“ knallen die Instrumente im härtesten Grindcore Gebälk und Ministry geben uns verbalen Output über Medienmanipulation, Überwachung und die Kontrolle durch Massenmedien. Wer es brutal mag, ist hier richtig. „Hero“ zieht mit seinen treibenden Gitarrenriffs unglaublich rhythmisch nach und gesanglich wird ganz großes Kino abgeliefert. Im Song reflektieren Ministry ihre kritische und oft kontroverse Herangehensweise an politische und gesellschaftliche Themen. Hier flattern selbst die Kopfhaare bei Menschen mit Frisur-Flucht.

Niemals mehr erreicht

Gibson Haynes, Sänger der Band Butthole Surfers, zeichnete sich textlich und gesanglich verantwortlich für „Jesus Built my Hotrod“. Was der charismatische Frontmann uns damit sagen will, steht nicht ganz fest. Der Text lässt unglaublich viele Interpretationen zu. Zum einen kann der Text als eine Art absurder Kommentar zur amerikanischen Kultur und Religion verstanden werden. Zum anderen kann er als Ausdruck von Rebellion und Anti-Establishment-Haltung betrachtet werden. Wir betrachten ihn als einen Titel, dessen Bedeutung für uns und die Gefühle, die er in uns weckt, nie mehr so geben wird.

Leichen im Keller

„Scarecrow“ ist mit 8:22 Minuten recht lang und wird, anders als Metallicas „Master of Puppets“, nach knapp zwei Minuten geskippt. Viel zu wenig passiert, dass man hier tätig werden möchte. Außerdem folgt danach der Titeltrack „Psalm 69“, der mit einem epischen Intro beginnt und uns auf brachiale Musik vorbereitet. Nach 1:40 ist es so weit: Im musikalisch militärischen Gleichschritt wird die Institution der Religion, sowie die der Gesellschaft im Allgemeinen kritisiert. Auch die besten Alben haben Leichen im Keller. „Corrosion“ ist so einer. Instrumentalsongs sind nicht wirklich mein liebstes Genre und auch wenn ein wenig Text vorhanden ist, macht es dies nicht besser. Auf zum Rausschmeißer „Grace“. Der nicht besser ist.

Fazit und Christiane F.

Foto: Jörg Hentzgen

Mit sechs von neun Songs liegt PSALM 69 offensichtlich nicht ganz in der Bestnote. Jedoch sind diese sechs Tracks so packend und mitreißend, dass die drei Abfallprodukte uns nicht belasten. Ministry haben unsere Musikwelt verändert, wie es kaum eine andere Band geschafft hat. Lediglich Rage Against the Machine und Deftones haben denselben Stellenwert eingenommen und verdienen den ebenbürtigen Respekt. Im Zuge unserer Rezension sind wir auf ein kleines Schmankerl gestoßen, dass wir euch nicht vorenthalten wollen. Hier werden Sequenzen aus dem Film Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo für „Just One Fix“ verarbeitet. Nichts für schwache Nerven.

Alle, die Ministrys PSALM 69 in der Hand halten wollen, werden im Internet reichlich fündig. Viel Spaß damit und bis zum nächsten Mal. Dann machen wir mit dem Buchstaben N weiter. Vielleicht New Model Army, NOFX, No Use For A Name, Napalm Death oder Neurotox?

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

Mit Baujahr 1976 nicht mehr so ganz jung, bin ich im Herzen der Republik, in Anhalt aufgewachsen.

Mit 19 Jahren zog es mich nach Baden-Württemberg. Aufgewachsen mit Heavy Metal à la Metallica, Slayer und Kreator etc., pubertierte ich mit dem Punk, bis ich dann mit dem New York Hardcore erwachsen wurde. Es gilt: Ob Metal oder Punk, in deutsch oder englisch, Hauptsache mir gefällt´s.

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