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Warum deutsche Rockmusik so selten im Radio läuft

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„Spiel dieses Lied im Radio, du Hurensohn!“ schmettert uns auf dem aktuellen Album Zeitzünder von BRDigung entgegen. Hat man im Anflug von geistiger Umnachtung tatsächlich mal das Radio eingeschaltet, weiß man warum. Zu hören bekommen wir musikalische Perlen bestehend aus Texten, die kaum mehr als 10 unterschiedliche Wörter enthalten und Melodien, die austauschbar und beliebig klingen. Doch warum mutet man uns nur solch leichte Kost zu? Hält man den gemeinen Radiokonsumenten für derart stumpfsinnig, dass er Musik mit Inhalt nicht verstehen könnte? Liegt es am schlechten Image von Rockmusik oder stecken finanzielle Gründe dahinter?

Mieses Image

Der Ruf von Rockmusik ist nicht der beste. Gibt man bei Google den Begriff „Deutschrock“ ein, muss man nicht lange scrollen, bis die ersten negativen Beiträge zu finden sind. Schlagzeilen wie: „Wütende Musik für wütende Männer“ (www.br.de) schieben sogar Bands wie Hämatom in die rechte Ecke. Ob sich der Autor eines solchen Artikels jemals eines ihrer Lieder angehört hat? Selbst beim Eintrag von Wikipedia zum Begriff „Deutschrock“  wird darauf hingewiesen, dass die Interpreten des Genres, trotz entsprechender Distanzierungen, häufig unterstellt bekommen, rechts zu sein. Schaffen es diese Musiker dann ausnahmsweise in überregionalen Zeitungen erwähnt zu werden, dann mit reißerischen Überschriften wie „Echo-Eklat: Frei.Wild: Wie rechts ist diese Band wirklich?“ (www.bild.de). Klar, mit Skandalen lassen sich hohe Auflagen verkaufen. Für ein Radio ist es verständlicherweise nicht vertretbar deren Musik zu spielen, wenn die Gesellschaft zuvor ein derart negatives Bild vermittelt bekommen hat.

Rockmusik in den Charts

In Amerika ist das völlig anders. Noch bis 2017 war dort Rockmusik in den Charts das meistverkaufte Genre. Mit rund 40 Prozent hat Rock den Hauptanteil an Albumverkäufen und ist auch aus der Radiolandschaft nicht wegzudenken (de.wikipedia.org/wiki/Rockmusik). Musik mit Nährwert im Radio ist also prinzipiell möglich. Versucht man solche Zahlen für den deutschen Markt zu ermitteln, beißt man sich die Zähne aus. Pop und Schlager prägen die Statistiken, die online auffindbar sind. Rock wird meistens nicht einmal erwähnt, fast so als gäbe es dieses Genre hier gar nicht.

Betrachtet man wie Radiosender hierzulande ihre Musiktitel auswählen, wird einiges klar. Der Chef der Musikredaktion Antenne Bayerns testet die Alltagstauglichkeit von Songs beim Schreiben seiner E-Mails. Stört ihn das Lied dabei, wird es nicht gespielt. Bei einer anderen Methode werden eine Anzahl von Hörer befragt. Diese bekommen einige Sekunden eines Liedes vorgespielt und müssen in dieser Zeit entscheiden, ob es auf die Playlist kommt oder nicht. Bei vielen Popsongs kein Problem, denn die bestehen aus kaum mehr, als einem Refrain. Doch welchen kurzen Ausschnitt solle man bei einem 4-minütigen, sozialkritischen Rocksong abspielen, der unter Umständen mehrere Gitarrensoli, cleanen Gesang und Screaming beinhaltet? Im Radio ist einfach kein kreatives Inferno, sondern leichte Kost gefragt.

Das Finanzielle

Da es in der Musikbranche natürlich auch ums liebe Geld geht, könnte man meinen, es lasse sich mit Rockmusik nichts verdienen. Weit gefehlt! Längst füllen Bands wie Rammstein oder Böhse Onkelz ganze Stadien bei ihren Auftritten. Gleichzeitig schaffen es viele Künstler, die im Radio laufen, nicht einmal wenige hundert Leute auf ihre Tour-Konzerte zu locken. Merch von solchen Musikern zu verkaufen ist praktisch unmöglich. Wer kann sich schon mit 08/15 Musik und den dazu gehörigen Künstlern identifizieren? Im Gegensatz dazu sitzen Fans einiger Rockbands schon Stunden vor dem Vorverkaufsstart von limitierten Boxen am Rechner, nur um eine der heiß begehrten Sammlerstücke zu erhaschen.

Auch wenn es im Radio noch nicht angekommen ist, deutschsprachiger Rock ist ein wichtiger Bestandteil der Musikindustrie. Nicht umsonst belegen einige Musiker dieses Genres hohe Platzierungen in den Charts und füllen Stadien auf ihren Touren. Wie lange man diesen Teil der Musikkultur noch aus den Massenmedien ausklammern kann, bleibt unklar. Bis unsere Leidenschaft zu Deutschrock, Punk, Metal, NDH, etc. auch in weiten Teilen der Gesellschaft und im Mainstream-Radio angekommen ist, können wir zumindest auf Radios wie das AGF zählen, die auch unbekannten Bands eine Plattform bieten, um gehört zu werden.

Redaktionell verantwortlich für diesen Artikel:

"Immer Vollgas und keine Angst vorm Scheitern. Immer Vollgas, immer nach vorne immer weiter..."

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